Freitag, 30. März 2012

Sonnenaufgänge über dem Siebengebirge

Jeden Morgen, wenn ich mit dem Fahrrad ins Büro fahre, motiviert mich von der Autobahnbrücke aus der Blick auf das Siebengebirge. Im Verlauf der Monate habe ich einige Sonnenaufgänge festgehalten.


… Sonnenaufgang im Nebel im November …


… Januarstimmung …

 
… im Februar …







  
… die Frühlingssonne in der letzten Woche …

Donnerstag, 29. März 2012

Frühlingserwachen

Soeben, als ich mit dem Schreiben des Blogs begonnen habe, hat sich das Wetter gedreht. Der Wind pustet in den Frühling hinein. Eine zähe Wolkendecke hat sich vor die Sonne gepflanzt. Die mollige Wärme ist verschwunden. Einstweilen erhalten die Frühlingsgefühle einen Dämpfer. Doch die Wetteränderung war angekündigt, und mit Regen und typischem Aprilwetter soll es in den nächsten Tagen weiter gehen.

Das Bilderbuchwetter mit herrlichem Sonnenschein geht nun zu Ende. Der Frühling hatte die Menschen hinausgetrieben, mit Kind und Kegel, mit der ganzen Familie, zu Fuß, auf Fahrrädern, Hauptsache, an der frischen Luft, wo die Sonne eine angenehme Wärme spendete. Jede Menge Volk war in den Park ausgeschwärmt. Auf dem Fahrradweg musste ich mir den Weg bahnen. Spaziergänger stolzierten umher, kreuzten die Fahrspur und ließen sich auf Picknickdenken nieder, um ihre Seele baumeln zu lassen. Inline-Skater musste ich mit ihren weit ausgreifenden Armbewegungen umkurven. Kleine Kinder machten ihre ersten unsicheren Fahrversuche auf ihrem Fahrrad. Klar, da musste ich Rücksicht nehmen. Genauso knubbelten sich Familien um Kinderwagen herum. Die Fahrradfahrt durch den Park war eine einzige Zirkelei um all die Menschen herum.

Die Fahrradwege dürften sich heute leeren.

Schönstes Frühlingswetter in den letzten Tagen: Banalitäten erhielten auf einen Schlag einen Wiedererkennungswert. Vor blanken Fassaden von Bürogebäuden wurde die üppige Blütenpracht zur Zierde. Wo man normalerweise auf schnörkellose Glasfronten schaut, verdeckten nun gelbe Farbteppiche von Forsythien den Blick. Dabei mischte sich das dezente Rot von Weigelien in die Forsythien hinein. Und das Gelb der Forsythien überwältigte so sehr, dass die Skulptur aus Beton, die nichtssagend aussah und in Andeutungen ein Gesicht erahnen ließ, ein Schattendasein fristete.

Sogar das Ministerium, das seit drei Jahren eine Dauerbaustelle war, erschien in unwirklichem neuen Licht. Ab Anfang März erschienen in kurzen Episoden Bauarbeiter, doch diese verschwanden alsbald wieder. Holzstege verliefen über Betonplatten. Bagger stapelten Holzdielen zusammen. Was dort gebaut wurde, war ein Rätsel. Über dem hohen Sicherheitszaun wiesen Überwachungskameras in die Blüten von Magnoliensträuchern. In einem breiten Streifen erstrahlten sie in leuchtendem Lila, und gemeinsam mit den gelben Blüten der Ilex-Sträucher verriegelten sie die gähnende Leere auf der Baustelle, wo die Deutschland-Flagge und die Europa-Flagge einsam wehten.

Der Frühling schaffte es auch, der Bahntrasse ein vollkommen neues Gesicht zu verleihen. Dort waren es die Schlehen, die mit ihrem weißen Blütenspiel die Bahngleise begleiteten. Die anderen Sträucher zögerten, warteten längs der Bahnlinie mit ihrem austreibenden Blättern ab. Wie große weiße Kugeln stachen die Schlehen heraus, der Windzug eines vorbei rauschenden Mittelrhein-Expresses wehte die ersten Blüten fort, die Bahnschranke blieb geschlossen und der nächste entgegen kommende Zug rauschte heran.

Sommerzeit: seit letzten Sonntag ist es länger hell.

Der Frühling erhält nun eine neue Dimension. Die Helligkeit des Tages kann ich nun länger genießen. Unter der Woche bekomme ich etwas im Garten geschafft. Bald wird sich die Natur in einem üppigen Grün präsentieren. Die warme Jahreszeit naht. Dann werden wir ersten Male draußen grillen. Ich kann mich freier draußen bewegen.

Mittwoch, 28. März 2012

12% Gefälle und wieder den Berg rauf

Üben wollte ich für das Radrennen „Rund um Köln“ – und dafür hatte ich mir ein schwieriges Gelände ausgesucht. Die Klosterruine Heisterbach, Thomasberg, Oberpleis hatte ich auf der Strecke zurückgelegt, die ich bereits am Rosenmontag geradelt war. Hinter Oberpleis zweigte ich ab, bis Sand folgte ein erster, zäher Anstieg.  

Dann 12% Gefälle. Hinter dem Höhenzug stürzte die Straße jäh ins Tal hinunter. Von der Höhe aus erkannte ich, wie sich der nächste Berg auftürmte, markiert von der Spur einer sich aufwärts ziehenden Straße. Mein Rennrad schoss in den Talkessel hinunter, die Weitläufigkeit der Landschaft schwand, der Blick verengte sich in das Tal hinein, wo sich einzelne Häuser gleichmäßig verteilten.

Der Hanfbach hatte sich tief in das Tal eingegraben. Die Straße überquerte den Bach, versteckt bog eine Nebenstraße hinter einem Eckhaus ab und begleitete den Lauf des Baches. Geradeaus erwartete ich, dass sich der Anstieg, den ich zuvor von der Höhe aus gesehen hatte, wie eine Mauer aufbäumen würde. Doch vorläufig ging es maßvoll und gemächlich den Berg hoch. Nadelwald wucherte bis an die Straße heran, wobei die Baumreihen ein Wohnhaus umklammerten. Der Vorgarten war zu einem schmalen Band zusammengeschrumpft, die Mülltonnen wirkten dicht neben der Straße deplaziert.

Zuerst erhob sich eine kantige Böschung, auf der sich Sträucher hinauf rankten. Seicht drehte sich eine Kurve weg, dann kam die befürchtete Mauer: unerbittlich kletterte der gerade Strich der Straße hinauf, und ohne Verkehrsschild schätzte ich die Steigung so steil ein, wie vorher das Gefälle gewesen war – also etwa 12%.

Ich schaltete in den kleinsten Gang – ich war glücklich, dass die Übersetzung passte, denn mein Rennrad hatte 27 Gänge. Herz, Körper, Muskeln und die Atmung mussten sich dem gewaltigen Kraftaufwand anpassen. Um mich nicht entmutigen zu lassen, starrte ich nur auf die Fahrbahn. Gelegentlich erhaschte mein Blick die nächste weiß-schwarze Straßenmarkierung, die mir vorkam wie Meilensteine, die mich Stück für Stück schafften. Rund 500 Meter Anstieg diese Mauer hinauf, das kam mir vor wie eine gefühlte Ewigkeit. Einem Linienbus ging es nicht besser wie mir: er ächzte und krächzte genauso den Berg hinauf, schwerfällig wie ein Koloß schleppte er sich vorwärts. Es kostete ihn Mühe, mich zu überholen. Das Ortseingangsschild von Uckerath: erbarmungslos setzte sich die Steigung fort, doch ein Ende war in Sicht. Rechterhand spielten Kinder im Außenbereich eines Kindergartens, dahinter die Kirche von Uckerath: auf dem Berg liegend und im neuromanischen Stil ahmte sie große Vorbilder nach – ich dachte an St. Aposteln in Köln oder an St. Peter in Trier. Mit Uckeraths Kirche war die Steigung geschafft, sie flachte ab in ein erträgliches Maß.

Geschafft. An der Verkehrsampel bog ich auf die B8 ab, der Autoverkehr schwoll an, die Bundesstraße war nun flach wie ein Brett. Ausrollen lassen, ich bog nach rechts in eine Landstraße ab. Erneut stieg die Straße an, nicht so mächtig wie vor dem Ortseingang, doch so ausdauernd, dass mir die Puste ausging. Linkerhand bauten sich die Flutlichtmasten eines Sportplatzes auf. In grauem Stein gemeißelt, tauchten auf der linken Fahrbahnseite sporadisch die Stationen eines Kreuzwegs auf.

Endlich ging es bergab, Süchterscheid hieß das nächste Dorf. Eben und geradeaus glitt ich durch die Felder, mein vorläufiges Ziel nahte: Blankenberg. Mit herausgeputzten Fachwerkhäusern, mit den Überresten einer Festung und mit der Stadtmauer war dieser kleine Ort ein Idyll. Ich fuhr durch das Katharinentor, welches in Gerüst und Staubschutzfolie eingehüllt war. Vorsichtig tatstete ich mich über das Kopfsteinpflaster, und so klein wie der Ort war, befand ich mich augenblicklich auf dem Marktplatz. Unter einem Restaurant hockte ich mich auf einer der freien Plätze.

Ich genoß ein Weizenbier. Das hatte ich mir verdient.

Montag, 26. März 2012

Wochenrückblick #12

Da wir am Wochenende praktisch ständig unterwegs waren, schreibe ich diesmal montags den Wochenrückblick.

Frühling
Bei dem Super-Wetter und den angenehmen Temperaturen legt draußen die Natur richtig los, so dass die Blütenknospen aufgehen und die Blütenlandschaft bunter und bunter wird. Jeden Tag macht es aufs Neue Spaß zu beobachten, welche neuen Überraschungen die Natur zu bieten hat. In vielen Blogs ist der Frühling das dominierende Thema. Die schönsten Foto-Blogs mit allen Variationen dieser bunten Frühlingsstimmung habe ich gefunden bei:

Bärlauch-Knödel
In seinem Behindertenwohnheim wird mit Udo, meinem geistig behinderten Schwager, das Kochen geübt (Blogs vom 23. Januar 2012 und 19. Dezember 2011). Ziel ist auch, dass Udo ins betreute Wohnen ausgegliedert wird. Damit er Grundkenntnisse erlernt, hat er zuletzt an einem einwöchigen Kochkurs teilgenommen. Letzten Samstag kam er mit einem Sonderauftag auf uns zu: im Wohnheim sollte er für seine Gruppe (5 Personen) Bärlauch-Knödel zubereiten. Die Idee fanden wir soweit prima. Dazu sollten wir zusammen mit ihm die Zutaten einkaufen. Dieser Zeitpunkt Samstags nachmittags passte uns überhaupt nicht, weil wir Samstag abends etwas vorhatten und den kompletten Sonntag unterwegs waren. Also ist meine Frau Samstag Nachmittag kurzfristig mit Udo losgezogen, wodurch unser samstägliches Arbeitspensum nicht unerheblich durcheinandergeraten ist. Am Sonntag spätnachmittags hat sich meine Frau dann bei Udo erkundigt, ob die Bärlauch-Knödel allen geschmeckt hätten. Sie seien gar nicht gekocht worden, erklärte uns Udo. Es hätte etwas gefehlt. Meine Frau hatte mit Udo aber alles laut Rezept eingekauft: Bärlauch, Eier, Butter, Paniermehl, Brötchen (zum Aufbacken, damit diese am nächsten Tag trocken sind, …. ). Gewürze hatten sie nicht eingekauft, weil so etwas zur Grundausstattung jeder Küche gehört. Es hätte etwas gefehlt, wozu Udo den Namen nicht aussprechen konnte. Nach den Gewürz-Zutaten konnte dies nur Muskatnuss sein (Salz und Pfeffer kennt Udo). Udos Behindertenwohnheim hatte sich daraufhin entschieden, die Brötchen zum Frühstück aufzubacken und den Bärlauch im Salat zu essen. Das war wieder einmal typisch fürs Behindertenwohnheim. Informationen versickerten und kamen erst sehr spät an. Wenn die Dinge komplizierter und betreuungsintensiver wurden, entschied man sich für einen bequemeren Weg. Für uns hat sich das Thema erledigt, Udo bei seinen Einkäufen für das Mittagessen demnächst zu unterstützen. Das soll bitte das Behindertenwohnheim selbst erledigen. Sie wollen ja auch schließlich, dass Udo in das betreute Wohnen überführt wird.

Geburtstag meines Bruders
Zu seinem Geburtstag hatte uns mein Bruder angerufen, dass er uns sonntags zu Kaffee und Kuchen einladen wollte. Am Samstag haben wir ein Geschenk gesucht, wobei uns entsetzlich klar geworden ist, dass dies eine ziemlich komplizierte Angelegenheit ist. Es gibt Personen, bei denen ist so etwas überhaupt kein Problem. Meine Mutter verschlingt beispielsweise Historienromane – egal, welche Epoche, welches Thema, welche handelnden Personen. Meinem Schwiegervater haben wir zuletzt eine Orchidee geschenkt – ständig neue Varianten von Orchideen findet man bei ihm zu Hause. Aber mein Bruder ? Er liest nicht, er trinkt keinen Alkohol – ihm kann man beispielsweise keine teure Flasche Rotwein schenken. Draußen im Garten betätigt er sich kaum. Und was macht er in seiner Freizeit ? Zum Teil hat er die Neigungen unseres Sohnes, nämlich Playstation, Unterhaltungselektronik & Co. Er ist auch gerne mir seinem Auto unterwegs, wobei er gerne ein paar PS mehr unter seinem Hintern hat. Weihnachten hatten wir ihm einen Präsentkorb mit Pralinen zusammengestellt. Das war durchaus sein Geschmack. Letztes Jahr zu seinem Geburtstag hatten wir ihm Karten für Konrad Beikircher geschenkt. Da war er gar nicht hingefahren, weil er den Termin vergessen hatte. Bei Knauber haben wir nach einem Geschenk gesucht. Wir haben uns für ein Gesteck mit Primeln und was sonst im Frühling blüht, entschieden. Selbst auf die Gefahr hin, dass es ihm weniger gefällt, weil der Garten weniger sein Ding ist.

Tags, Awards, Stöckchen & Co
In der letzten Woche wurde mir die Ehre zuteil, einen Tag und einen Award zu erhalten. Etwas zeitversetzt, habe ich den Inhalt entsprechend weiter gereicht. Die Reaktion auf den Liebsten-Blog-Award war eher verhalten. Von den acht weiter geleiteten Blog-Adressen haben zwei den Award in meinem Blog kommentiert, keine dieser acht Blog-Seiten hat wiederum den Award weiter geleitet. Positiv finde ich, dass man eine Möglichkeit erhält, mit neuen Blogs in Kontakt zu treten. Die Input-Output-Relation halte ich derzeit eher für unbefriedigend, d.h. welchen Aufwand man für die Weiterreichung der Blog-Awards hineinsteckt und welche neuen werthaltigen Kontakte sich entwickeln. Dies muss ich allerdings nach etwas abwarten, wie werthaltig sich das Bloggen mit den 2-3 neuen Bloggern entwickelt.

Im Fernsehen
Letzten Dienstag wurde im HR-Fernsehen ein Krimi gesendet, der in Paris spielte (Titel des Krimis habe ich leider nicht notiert). Es ging um serbische Soldaten, die während des Krieges in Jugoslawien Frauen vergewaltigt hatten. Eine Betroffene rächte sich an mehreren Soldaten, indem ihnen das Geschlechtsteil mit einem Messer abgeschnitten wurde. Festgebunden, verbluteten die Opfer elend. Die Dramaturgie fand ich klasse inszeniert, natürlich faszinierte mich auch die Umgebung, dass der Krimi in Paris spielte. Zu Hause sehen wir sehr gerne Krimis – vor allem die Tatorts, wobei diese heutzutage nicht mehr durchgängig die Qualität haben wie vor mehreren Jahren. Klar, Axel Prahl und Jan Josef Liefers sind unsere Lieblings-Kommissare in Münster, mittlerweile ist aber auch jede Menge Schrott bei den Tatorten dabei. Krimis aus Frankreich, die in Deutschland gesendet werden, würde ich gerne häufiger sehen. Vor etwa zehn Jahre wurden regelmäßig Krimis mit der Kommissarin Julie Lescaut gesendet.  Bei Krimis aus dem Ausland ist halt Frankreich nicht präsent, dafür dominieren andere Länder. Überschwemmt werden wir natürlich mit Serien aus den USA. Von den europäischen Krimis sehen wir noch sehr gerne den Inspektor Barnaby. Was man von England sieht, ist sehr hübsch, häuslich, sauber, aufgeräumt. Viele Häuser sind in diesem Fachwerkstil, wie man ihn bei uns beispielsweise aus dem Bergischen Land oder aus Hessen kennt. Mit seiner Art ist Inspektor Barnaby auch sehr unterhaltsam: so klug wie er ist, geistig sehr wenig, er flitzt umher und ist überall präsent. Frankreich, England, auch Schweden, viele Krimis aus anderen europäischen Ländern sind unterhaltsam und haben ein hohes Niveau ...

Rekord
Mit 142 Seitenaufrufen habe ich letzten Dienstag auf meiner Blog-Seite einen eigenen persönlichen Rekord aufgestellt. Natürlich schwanken die Seitenaufrufe, wobei ich im Januar die Marke von 100 schon einmal geknackt hatte. Einschränkend muss ich auch sagen, dass es keinen zwingenden Zusammenhang gibt zwischen den Seitenaufrufen und welche inhaltliche Qualität ein Blog hat. So hoffe ich, dass auch meine Inhalte die hohe Anzahl an Seitenaufrufen verursacht haben. Jedenfalls möchte ich mich bei allen treuen Lesern bedanken. Im Vergleich zu anderen Blogs müssen sicherlich meine Leser etwas mehr Geduld mitbringen, da sie relativ viel Text durchlesen müssen (weil ich weniger Bilder zeige). DANKE an alle fleißigen Leser !!!

Freitag, 23. März 2012

Morgenstimmung in der Siegaue

Spontan habe ich morgens auf dem Weg ins Büro einige Fotografien in der Siegaue gemacht. Die Siegaue ist ein Naturschutzgebiet und einige Kilometer weiter fließt die Sieg in den Rhein.


… die Sieg …



Sonnenaufgang …



… an den Weiden trieben die ersten Blüten …


… Auenlandschaft …

Donnerstag, 22. März 2012

Behörden

In den Gängen hatte sich der Mief der letzten zwanzig Jahre angesammelt. Ich befand mich im Bürgerbüro, das war vor etwas mehr wie einem Jahr. Das Viereck des Gangs zerfloß ins Ziellose, die weiß gestrichenen Wände ödeten mich an, einfallslos strich die graue Maserung über die Steinfliesen, die Atmosphäre war steril wie in einem Krankenhaus. Die Sitzbänke waren in einem einfachen Stil gehalten, hellbraunes, abgewetztes Holz, ausdruckslos, ich kam mir vor wie in einem Wartezimmer einer Zahnarztpraxis. Zwischen dem Knäuel von anderen Menschen, die ihr Anliegen in der Stadtverwaltung erledigen wollten, hatte ich einen freien Sitzplatz gefunden. Die rote Lichtanzeige über den drei besetzten Bürgerbüros signalisierten, dass gewartet werden musste. Auf dem Türschild las ich „An- und Abmeldungen, Pässe und Ausweise, Melderegister, Führungszeugnis, Beglaubigungen, Gewerberegisterauskünfte, Führerscheinangelegenheiten.“

Nach einer Wartezeit, die ich länger vermutet hatte, trat ich ein. Der Mitarbeiter, der mein Anliegen entgegennahm, passte nicht ganz in diese steife und erstarrte Bürolandschaft hinein: lässig schlängelte sich der Kragen seines Poloshirts um seinen Hals, seine schwarze Jeanshose saß tadellos. Über dem schmalen Streifen seiner Koteletten reichte sein struppiges Haar über seine Ohren. Ein braun umrandeter Bilderrahmen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern verschönerte den Schreibtisch des Mittdreißigers.

Ein Gang zum Wandschrank, ein Griff in eine Heftmappe, den Antrag auf das begleitete Fahren unseres Sohnes war ich losgeworden, die Antragsunterlagen konnten an die zuständige Führerscheinstelle weiter gereicht werden.

Wenn ich mich an die Zeiten zurück erinnere, dass ich selbst in einer Behörde gearbeitet habe (es war nicht die Stadtverwaltung), ereilen mich Wahnvorstellungen. Das war bis ungefähr Ende der 80er Jahre.

Eine zeitlang war ich damals in der Hausverwaltung tätig. Wir durften kaum etwas selber machen, sondern bekamen alles vorgeschrieben. „DADASt“ hieß ein merkwürdiges Kürzel, im Langtext war dies die „Dienstanweisung für die Dienstausstattung“. Da bekam man bis ins kleinste Detail bis auf Marke und Typ vorgeschrieben, welche Schreibtische, Kleiderschränke, Wandschränke, Garderobenständer oder Papierkörbe in den Büros zu stehen hatten, aus welchem Material der Fußboden zu verlegen ist oder in welchem Jahresabstand Wände neu gestrichen werden dürfen oder wie der Anstrich genau auszusehen hat.

Das Malheur ging noch weiter: nicht nur wurde einem alles vorgeschrieben, sondern man bekam für das, was man rund um die Gebäude bezahlen musste, viel zu wenig Geld. Beispielsweise Energie. Über mehrere Jahre erlebte ich, dass wir für Strom, Gas, Heizöl, Wasser viel zu wenig Budget bekamen. Eigentlich hätten ab etwa September alle Lichter ausgehen müssen, weil wir keinen Strom mehr bezahlen konnten. Oder ab dem Herbst hätten wir frieren müssen, weil wir unsere Gasrechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Nach mehrfachem Hickhack und Hin und Her bekamen wir dann  zusätzliche Geldmittel. Aber ohne Lerneffekte, denn im Folgejahr bekamen wir erneut zu wenig Geld, und jedes Jahr wiederholte sich dieses Spielchen, dass wir um Geld betteln mussten.

Das schlimmste war, dass die meisten es aufgegeben hatten, selbst zu denken, weil alles von oben vorgeschrieben wurde. Die Intelligenz beschränkte sich darauf zu wissen, was wo steht. Gab es einen solchen seltenen Fall, dass irgendwo etwas nicht geregelt war, musste jemand es nach oben reichen, damit jemand anders es regelt. Der Versuch, selbst zu denken, wäre ohnehin bestraft worden: wenn man es versuchte, kam es stets so, dass von oben anders entschieden wurde, eigene Denkansätze wanderten früher oder später in den Mülleimer.

Ämter und Amtsbezeichnungen erhielten in diesem Umfeld besondere Aufmerksamkeit. In Frühstücksrunden oder Gesprächen bewegten diese Themen alle: wie der Planstellenkegel aussieht, wie die Arbeitsplätze bewertet werden, wann wegen Zurruhesetzung welche Arbeitsplätze frei werden, welches davon Beförderungsdienstposten sind, wann mit Beförderungen zu rechnen ist. An jedem Türschild prangerten die Amtsbezeichnungen, und wenn man wusste, wie alt der Kollege war und welchen Familienstand er hatte, dann kannte aufgrund der Besoldungstabellen des öffentlichen Dienstes jeder sein Gehalt.

Es war schwer, sich diesem Trend zu entziehen, einzurosten oder dass das eigene Denken in bestimmte Bahnen gelenkt wurde. Der Kreativität beraubt, gab es sogar Kollegen, die zum  Alkoholiker geworden waren.

In unserem Freundeskreis haben wir auch Bekannte, die in einer Behörde arbeiten. Wahrscheinlich sind sie dazu übergangen, im Dienst das Denken den Pferden zu überlassen und sich nach Feierabend selbst zu verwirklichen. Möglicherweise haben auch die Ermessensspielräume im Zeitverlauf zugenommen, so dass eigenes Denken mehr gefragt ist. Zurück gesprungen zu unserer Stadtverwaltung, stelle ich mir es trotzdem schwierig vor, Bereiche wie Personalausweise oder Meldewesen mit spannenden Aufgaben anzureichern. Diese behördentypischen Bereiche sind wohl immer noch so, wie ich es anderswo bis Anfang der 90er Jahre kennengelernt habe: ablegen, reinschieben, weg damit, Routinekram. Staatliche Aufgaben, ohne sich damit identifizieren zu können.

Aus eigener Erfahrung habe ich einen Lichtblick erlebt: das Finanzamt. Die haben bei uns auch ein solches Bürgerbüro, und die Kollegen vom Finanzamt sind fit und helfen, wo sie können. Anders wie bei Personalausweisen, ist das Steuerrecht viel dynamischer und auch breiter gefächert. Das alleinige Wissen, was wo steht, reicht nicht aus. Und ständig überholt sich dieses Wissen. Die Rechtsprechung kommt kaum nach, sämtliche Einzelfälle mit detaillierten Regeln zu hinterlegen.

Mit seinen Denkmustern kommt mir das Finanzamt schon geradezu modern vor.

Mittwoch, 21. März 2012

altes Tagebuch

Der Umschlag ist bereits in zwei Teile zerfallen und hat dennoch seine Schönheit bewahrt. Angekratzt an den Ecken, heben sich Birnen, Erdbeeren und rote Weintrauben auf dem Umschlag von dem hellen Hintergrund ab. Vom Zahn der Zeit angefressen, hat das Tagebuch in unserer Schrankkommode geschlummert.

Ich nehme das Tagebuch. Momente der Rührung überfallen mich, in den alten Seiten herumzublättern. Seite für Seite spüre ich zwischen meinen Fingern, das federweiche Papier kommt mir zerbrechlich vor wie Kristallglas.

Ich lande im Jahr 1994. Wie ein Film läuft die damalige Zeit vor meinen Augen ab. Unzufrieden war ich in meinem Job. Meine Aufgaben waren weg rationalisiert worden. Körperlich saßen wir noch an unseren Arbeitsplätzen, und niemand konnte uns sagen, ob wir von der Bildfläche verschwinden sollten oder ob wir neue Aufgaben bekämen.

Es ist nicht nur Erinnerung oder Emotion, sondern auch meine Handschrift, die mich im Tagebuch verblüfft. Seit fast zehn Jahren bin ich dazu übergangen, mein Tagebuch, welches ich ständig verfeinert habe, am PC zu schreiben. In der letzten Zeit ist die Form des Tagebuches zunehmend in Blogs übergegangen, wobei Internet und PC für mich dasselbe ist.

Handschrift zu PC: ich stelle fest, dass sich Welten gegenüber stehen, die ungefähr so weit auseinander liegen wie die Erde vom Mond oder wie Mozart zu Deep Purple. Die Handschrift, dies ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit: das ist Eleganz, Geschmeidigkeit, Schwung, Stil, Maß, Proportion in jedem Wort.

Jedes Wort mit der Hand zu schreiben, wäre mir heute viel zu aufwändig. Beinahe, möchte ich behaupten, habe ich es verlernt: ich würde nur noch kraxeln, unleserlich, schnell die Buchstaben dahin schmieren, weil ich keine Geduld mehr habe und weil ich das Endergebnis sehen möchte: den fertigen Text.

Freilich: ein Stück weit habe ich beim Bloggen beibehalten, mit der Hand zu schreiben. Im Kopf schwebt mir eine Idee vor. Aus der Idee muss ein Thema extrahiert werden. Um einen Blog zu schreiben, müssen Querbeziehungen dargestellt werden, Details müssen herausgearbeitet werden, all die Bilder, die im Kopf herum schwirren, müssen geordnet, sortiert, neben einander gestellt werden. So etwas klappt nicht am PC in Word oder Excel. Dieses ungeordnete Gebilde muss ich mit der Hand auf einen Zettel aufmalen. Details muss ich hinein zeichnen. Wie bei einem Baum muss sich eine Struktur herausschälen: die Grobstruktur – das ist der Stamm – und die Feinstruktur – das sind die Äste. So ein Konzept erstellen, das kann ich nur über meine Handschrift.

Struktur, Abschnitte, Tage, handgeschrieben sieht die Form des Tagebuches aus dem Jahr 1994 vollendeter aus wie in meinen heutigen Blogs. Die Gefühle, ob ich traurig oder fröhlich war, ob ich gut oder schlecht drauf war, spiegeln sich nicht nur im Text, sondern auch in der Handschrift. Alte Tagebücher sind Ausdruck der Tagesstimmung, der Leidenschaft, in jedem Wort. Alte Tagebücher sind Kostbarkeiten.

Montag, 19. März 2012

sonntags im Garten-Center

Am liebsten wären wir wieder umgekehrt. Schon am Kreisverkehr, noch bevor wir das Garten-Center erreicht hatten, sahen wir eine endlose Blechlawine auf dem Parkplatz. Vor dem Parkplatz begrüßte uns ein spezieller Parkplatzanweiser mit einer gelben Warnweste, der von einem Sicherheitsdienst abkommandiert war. Er winkte uns durch. Hartnäckig mogelten wir uns an wartenden, stehenden, suchenden Autos vorbei, bis wir am hintersten Ende einen der letzten freien Parkplätze fanden.

Um die Mittagszeit war die Hölle los. Als wir die Öffnungszeiten im Internet nachgesehen hatten, hatten wir uns noch gewundert. Jeden Sonntag öffnete das Garten-Center von 11 bis 16 Uhr seine Pforten. Den Samstag wollten wir noch etwas im Garten geschafft haben. Und den Sonntag, den wir als Ruhetag betrachteten, wollten wir etwas für unseren Garten eingekauft haben.

Hinein ins Gedrängele. Weil so viele Einkaufswagen hin- und hergeschoben worden waren, mussten zwei Arbeiter diese zunächst in Reih und Glied ordnen. Mit Einkaufswagen trabten wir dann ins Innere des Garten-Centers: in der Weite und in der Vielfalt des bunten Angebotes an Blumen löste sich der Stau auf. Bummeln, schauen und auswählen konnten wir  nun halbwegs in Ruhe.

Das Angebot, mit dem das Garten-Center glänzen konnte, war allerdings auch phantastisch. Wahre Blumenteppiche breiteten sich aus. Hyazinthen, Ranunkeln, Kapkörbchen, flammendes Kätchen, Usambaraveilchen, Begonien, Birkenfeigen, Gerbera, Kokardenblumen, Nelkenwurz - eine Farbe war prächtiger wie die andere. In mehreren Ecken protzten Orchideen – noch bunter, gesprenkelter, intensiver in ihren Farben. Kuhschelle, rotes Blaukissen, Fetthenne scharten sich in der Staudenecke zusammen. Kombiniert fanden sich manche dieser Blumen in fertigen Gestecken zueinander. Apfel-/Kirsch-/Pflaumen-/Pfirsichbäume, draußen am Rande vor dem Zaun des Garten-Centers hätte man sich einen regelrechten Obstgarten zusammenstellen können. Das Angebot wuchs und wuchs – und auch die Kakteen zeigten ihre Vielfalt und Widerspenstigkeit mit ihren stacheligen Gebilden. Eine Flut von Ideen überfiel uns – wie wir unseren Garten gestalten konnten.

Der Dreh- und Angelpunkt, an dem sich vieles konzentrierte, war die Caféteria. Dort konnte man sich den ganzen Tag durchschlemmern. Ab 11 Uhr konnte man zwischen Klassik-Frühstück, vitales Frühstück, Käse-Frühstück und Verwöhn-Frühstück auswählen. Mittags konnte man sich an Spaghetti Bolognese, Tomatensuppe oder Apfelpfannkuchen satt essen. Und schon zur Mittagszeit aßen manche warmen Apfelstrudel oder andere Kuchensorten. An der Theke wuchs die Warteschlage ins Uferlose, und freie Sitzplätze waren keine mehr zu bekommen.

Jeden Sonntag sei es hier so voll, berichteten uns andere Kunden.

Wir fanden, dass dies eine tolle Geschäftsidee war. Der Laden brummte, die Kunden überschwemmten das Garten-Center und kauften wie verrückt. Die Beschäftigten hatten alle Hände voll zu tun. Da musste sich doch jemand eine goldene Nase dran verdienen. Schöne heile Einkaufswelt ? Sonntags ? Samstags hatten wir früher in diesem Garten-Center eingekauft, und da war es ungefähr so leer wie in der Fußgängerzone von Buxtehude um 22 Uhr abends. Vielleicht war es tatsächlich diese Nischenexistenz von Blumen und Pflanzen, die sonntags verkaufen durften. Das Ladenschlussgesetz hinderte andere Geschäftstypen mit Einschränkungen daran, sonntags zu verkaufen. Baumärkte oder Möbelhäuser durften zwar sonntags verkaufen, aber nur eine begrenzte Anzahl von Sonntagen im Jahr. Genauso Einzelhändler in den Innenstädten, an einer begrenzten Anzahl von verkaufsoffenen Sonntagen. Hier war nun eine hemmungslose Art von Shopping möglich: man durfte, wie man wollte.

Wie dem auch sei, der Menschenauflauf widerte mich an. Mir kam es so vor, als hätten die Marketing-Experten Recht, dass nämlich der einzige Urtrieb des Menschen der Einkauf ist. Als müsse der Mensch rund um die Uhr von einem Warenangebot berieselt werden. Einschließlich sonntags, wo der Mensch grenzenlos konsumieren konnte: inmitten dieser Warenwelt von Blumen und Pflanzen.

Organisation war alles, das zeigte sich auch an der Kasse. Sämtliche Kassen waren besetzt, und das Garten-Center war denjenigen Warteschlangen, die ich sonst von ALDI oder LIDL kannte, um Lichtjahre voraus. Salatpflanzen, Kohlrabipflanzen, Erdbeerpflanzen, eine Azalee, Glockenblumen, Porreesamen, das hatten wir für unseren Garten gekauft. Im Handumdrehen gelangten wir an die Kasse. Wenn ich an anderer Stelle über die Servicewüste Deutschland schimpfte: das war Service.

Lieber in Ruhe bummeln. Nie mehr sonntags im Garten-Center einkaufen, dass haben wir uns danach vorgenommen.

Blog-Award

Von der lieben Schöngeist for two habe ich den liebsten Blog-Award verliehen bekommen. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken und darüber freue ich mich sehr. Als Rheinländer bedauere ich, dass sie unsere rheinische Heimat verlassen möchte und ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute.




Ich schreibe hier ein paar meiner Lieblings-Blogs auf:















 Award-Regeln:
1. Bedanke dich bei der Person, die ihn dir verliehen hat.
2. Stelle den Award auf deinem Blog vor und verlinke auch die Verleiherin.
3. Gebe ihn an deine Lieblings-Blogger weiter und verlinke sie im Post.
4. Informiere die Blogger darüber auf ihrem Blog.
Ich wünsche euch einen schönen Start in die Woche !