Dienstag, 31. Dezember 2013

2014

Weniger als zwei Stunden, und das neue Jahr wird seinen Lauf nehmen. Zu viert, geht es bei uns außerordentlich ruhig zu. Im Fernsehen läuft "Keinohrhasen" mit Til Schweiger. Nichts werden wir großartig feiern, um Mitternacht werden wir uns den Sekt schmecken lassen. Und wie an all den anderen vergangenen Silvesterabenden, werden wir optimistisch nach vorne schauen. Von Vorsätzen halte ich nicht viel, zumal in den letzten Jahren mich meine Familie, das Rennradfahren und das Bloggen stets in die richtige Spur gebracht haben. Das wird bestimmt auch in 2014 so sein. Sonst halte ich es wie Paterfelis, dass nämlich nicht alles zwingend in einen Zusammenhang gepresst werden muss. Daher möchte ich das neue Jahr mit dem passenden Titel von U2 „New Years Day“ begrüßen. Eigentlich sollte das Stück, das 1983 erschien, den Widerstand Polens gegen die Existenz als Satellitenstaat der UdSSR thematisieren. Genießt die wabernden Gitarrenklänge und Bono's ätherische Stimme. 1985 habe ich U2 live in Köln erlebt ! Ich wünsche Euch allen ganz viel Gesundheit, ganz viel Glück und viele schöne Stunden 2014 !


Montag, 30. Dezember 2013

zwarte Piet

Quelle: www.wikipedia.de
Selten kaufe ich mir in Deutschland niederländische Zeitungen und genauso selten höre ich Nachrichten auf Radio 2 Niederlande, so dass ich von alledem nichts mitbekommen hatte. Nun verschlägt es mir die Sprache. Erst Dieter Nuhr hatte mich auf die Spur gebracht. In seinem Jahresrückblick 2013 fiel das Wort „zwarte Piet“, das er im Zusammenhang mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erwähnte. Es klingt unglaublich, dass der Nikolaus in den Niederlanden mit seinem Begleiter – dem schwarzen Peter oder „zwarte Piet“ - Diskussionen bis in die höchsten Ebenen der Politik ausgelöst hat. Das klingt traurig, ist aber wahr.

Der „zwarte Piet“ ist, wie das Wort verrät, schwarz. So wie bei uns in Deutschland der Knecht Ruprecht den Nikolaus begleitet, macht dies in den Niederlanden der „zwarte Piet“. Die Legende entstand im 19. Jahrhundert, dass er durch die Schornsteine in die Häuser eindrang, wobei er alles sah, was die Kinder trieben. Daraufhin beschenkte der Nikolaus die Kinder, wenn sie brav waren. Umgekehrt sollte der „zwarte Piet“ die Kinder bestrafen, wenn sie zu viel Unfug getrieben hatten.  Seitdem die Niederländer ihn  kannten, hat Piet eine schwarze Hautfarbe und als Autorität ist er ein unumstößliches Denkmal.. Der „zwarte Piet“ ist sogar wichtiger als der Weihnachtsmann, weil man sich in den Niederlanden allgemein am Nikolaus-Abend viel mehr beschenkt als an Weihnachten.

Genau 150 Jahre, nachdem die Sklaverei in den niederländischen Kolonien abgeschafft worden ist, rechnen die Schwarzen nun mit der Sklaverei ab. Jahrhundertelang sind Staaten wie Frankreich, England und auch die Niederlande durch den Sklavenhandel reich geworden. Entschädigungszahlungen an die früheren Kolonien sind aber nie geflossen.

Nun muss der „zwarte Piet“ dafür herhalten. Das Verbot der Sklaverei ist ganz hoch in der UN-Menschenrechtskonvention verankert. Die früheren Kolonien der Niederlande, Surinam und die Antillen, sowie andere Staaten in der Karibik, haben die Höhe ihrer Entschädigungsansprüche formuliert und wollen diese – ähnlich wie bei Völkermord – vor dem internationalen Gerichtshof einklagen.

Dabei haben die karibischen Staaten Rückenwind durch die jamaikanische UN-Menschenrechtskommissarin Verene Shepherd bekommen, die europäische Traditionen hinsichtlich rassistischer Tendenzen untersucht hat. Dabei ist sie auf den „zwarte Piet“ gestoßen, der schwarz und rassistisch und diskriminierend ist. Der „zwarte Piet“ solle bitte künftig ein Weißer sein oder der Nikolaus solle ohne den „zwarte Piet“ die Kinder beschenken. Gemessen an der Position des „zwarte Piet“ in den Niederlanden, wäre dies ungefähr so, als wolle man in Deutschland den Nikolaus abschaffen. Wie zu erwarten, war der Widerstand in den Niederlanden riesig. So wurde in Facebook eine Aktion „Pietitie“ gestartet, in der 1,6 Millionen Niederländer beim „zwarte Piet“ „Gefällt mir“ angeklickt hatten. Gleichzeitig haben die Niederländer eingeleitet, dass der "zwarte Piet" als immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt wird. Zähneknirschend hat das UN-Menschenrechtskommissariat den „zwarte Piet“ in diesem Jahr geduldet.

Doch im nächsten Jahr wird das Spielchen aufs Neue losgehen, dann vermengt mit möglichen Schadensersatzansprüchen der karibischen Staaten aus der Sklaverei, die dementsprechend höher oder niedriger liegen können.

Fassungslos schaue ich auf die Dinge, die in unserem westlichen Nachbarland abgehen. Doch so riesig weit sind wir in unserem Ländle von diesen Verhältnissen nicht entfernt. Dass „Negerküsse“ seit längerer Zeit „Mohrenköpfe“ heißen – ist ein harmloses und berechtigtes Beispiel. Aktuell ist das „Zigeunerschnitzel“ an der Reihe, das nach dem Willen der Sinti und Roma „Schnitzel mit Balkan-Soße“ oder sonstwie heißen soll, aber bitte nicht den Volksstamm der Zigeuner diskriminieren soll.

Niederländische Verhältnisse herrschten bei dem, was der Buchautorin Sarah Kuttner passiert war. Bei einer Lesung las sie aus einem Kinderbuch vor, in dem sie beschrieb, wie gerne sie als Kind mit einer Negerpuppe spielte. Ein Schwarzer war bei der Lesung anwesend, der die Bezeichnung „Negerpuppe“ rassistisch fand.  Er alarmierte die Polizei, die Sarah Kuttner festnehmen wollte.

Sie erschien, wollte Sarah Kuttner in Handschellen abführen, doch soweit kam es nicht. Mit dem Wortlaut der UN-Menschrechtskonvention hätte es aber anders kommen können.

Samstag, 28. Dezember 2013

Heiliger Nepomuk

Im Mittelalter ging es ganz und gar nicht zimperlich zu. Im 14. Jahrhundert hatte in Prag der Erzbischof das Sagen, was dem böhmischen König Wenzel gründlich missfiel. Er suchte und fand die Gelegenheit, das Gebiet seiner Herrschaft zu erweitern: 1392 starb der Abt des Benediktinerklosters, der gleichzeitig Bischof des an Prag grenzenden Bistums war. Kurzerhand wollte der König einen ihm angenehmen Fürsten in das Amt des Bischofs hieven. Johannes aus Pomuk , Generalvikar beim Prager Erzbischof, trickste. Als Wenzel mehrere Wochen auf einer Burg am anderen Ende Böhmens auf der Jagd war, organisierte Johannes eine Wahl. Das Benediktinerkloster wählte einen eigenen Kandidaten, der Nachfolger des Bischofs werden sollte. Als Wenzel zurückkehrte, fühlte er sich hintergangen. Außer sich vor Wut, machte er kurzen Prozess. Er verhaftete Johannes. Später wurde Johannes gefoltert, er wurde auf die Prager Karlsbrücke gestellt, in die Moldau geworfen und dort ertränkt. Dreihundert Jahre später erinnerte man sich in Prag an Johannes aus Pomuk – wobei aus der Vorsilbe „aus“ im Tscheschischen „Nepomuk“ wurde. In seiner Legende ging es auch um das Beichtgeheimnis, da er nicht verraten hatte, was Wenzels Ehefrau ihm gebeichtet hatte. 1729 sprach der Papst ihn heilig. Fortan wurde er nur noch der Heilige Nepomuk genannt. Seine Denkmäler stehen vielerorts auf Brücken.




Da der Heilige Nepomuk ertränkt worden war, ist er nicht nur Schutzpatron der Brücken, sondern Schutzpatron von alledem, was mit Wasser zu tun hat. Auffällig ist sein Schweif aus fünf Sternen, da sein im Wasser schwimmender Leichnam nach der Legende von fünf Flammen umsäumt war. 


Am Rheinufer aufgestellt, ist er nunmehr zum Schutzpatron der Schifffahrt auf dem Rhein ernannt worden. Genauso soll der Allzweck-Wasser-Heilige für Beistand sorgen, dass die Hochwasser auf dem Rhein glimpflich verlaufen. Mit Gott voraus !

Freitag, 27. Dezember 2013

eine etwas verkehrte Weihnachtsgeschichte

Der Weihnachtsmann kam nicht im roten Mantel und mit roter Zipfelmütze, sondern im Monteuranzug in einem schmutzigen, abweisenden Rot.

Genauer gesagt, waren es zwei Weihnachtsmänner, beziehungsweise zwei Monteure. Der Schriftzug des Firmennamens funkelte Himmelblau auf dem weißen Transporter, als die Monteure ausstiegen und mich mit einem schlappen Handschlag begrüßten. Das war ungewohnt, denn von Handwerkern kannte ich ein festes Zupacken.

„Wo können wir Ihnen helfen ?“ - „Unser Klo im ersten Obergeschoss. Wenn wir die Spülung betätigen, wird alles überschwemmt.“ - „Dann schaun wir mal.“

Sie trabten unsere Holztreppe hoch und näherten sich dem Ort des Geschehens, wo sich unheilvolles zwischen den Rohrleitungen der Toilette ereignet hatte. Vor der Türe unseres Badezimmers fiel mir auf, wie ungleich das Paar der beiden Monteure war. Die Gestalt des ersten Monteurs schraubte sich in die Höhe, sein Schritt stakste vorwärts, sicher glitt sein Kopf eine Handbreit unter dem Türrahmen hinweg. Der andere Monteur trottete hinterher, sein Körper war unter der runden Gestalt zusammen geschrumpft. Hinter seiner runden Brille mit den großen Gläsern ahnte ich Schlauheit, ja , sogar Expertenwissen, was die Verstopfung unserer Toilette betraf.

„Schön, dass Sie da sind … „
atmete ich auf, denn der Zeitpunkt war höchst ungeeignet. Genau fünf Tage vor Heiligabend meldete unsere Toilette „Land unter“, und vor dem Weihnachtsfest lag außerdem ein Wochenende. Unsere Spirale hatte sich mühselig durch die Rohre hinter der Toilette gewälzt, aber ohne Erfolg. Wenn ich die Spülung betätigte, schlüpfte Wasser durch das zum Sockel schlecht abgedichtete Rohr. Das Wasser bahnte sich seinen Weg und überschwemmte in Rinnsalen unser Badezimmer. Das hatte sich auch nicht geändert, als ich die Toilette demontiert hatte und unsere Spirale bestimmt einen Meter tiefer eindrang.

 „Wann haben Sie angerufen ?“ – „Gegen zehn Uhr.“ – „Da haben Sie Glück gehabt. Was bis zehn Uhr gemeldet wird, können unsere Monteure auf der Tour abarbeiten. Was später gemeldet wird, kommt für die Folgetage rein.“

Nun stand die eklige Brühe in dem Rohr, sie floss nicht ab. Und ich kannte sogar die Ursache: der Po unserer Kleinen hatte ganz weh getan, Massen von Feuchttüchern hatte sie in die Toilette geworfen, anschließend hatte ihr großer Bruder ein noch größeres Geschäft erledigt – und nichts ging mehr.

Der kleine Monteur kramte sein Expertenwissen hervor. Mit einfachen Mitteln versuchte er, eine maximale Wirkung zu erzielen. Eine Saugglocke, fast tellergroß, stieß das Wasser aus Leibeskräften in die Toilette. Es gluckste, das Wasser begehrte auf, zerwühlte das Rohrsystem in seinem Inneren. Aber die Wirkung war gleich Null. Auf den mir bekannten Pfaden breitete sich die Überschwemmung aus.

„Jedenfalls schön, dass Sie da sind. Ich hatte Angst, dass Sie es vor Weihnachten nicht mehr schaffen …“ – „Das kommt drauf an. Da einige in Weihnachtsurlaub sind, sind wir mit einer kleineren Besetzung unterwegs. Dabei sind wir bemüht, das allerdringendste abzuarbeiten.“

Die Mittel wurden rabiater. Der lange, schlacksige Monteur packte zu und demontierte den Abfluss unseres Waschbeckens. Auf der Kabeltrommel blitzte die elektrische Spirale. Sie fraß sich durch die Rohre, der metallisch hell Klang schallte durch unser Haus, gleichzeitig floss Wasser durch einen Schlauch. Die Spirale war gründlich, denn genau zehn Meter kämpfte sie sich durch die Hauptleitung hindurch, fast bis in den Kanal hinein.

Ich war erleichtert, denn danach floß das Wasser ungehemmt. Wasserhähne waren aufgedreht, ich betätigte die Klospülung im Endlos-Takt durch die Rohre. Das plätschernde Fließen des Wassers war befreiend. Ich spürte Horizonte in meiner Seele, die kein Hindernis stoppen konnte. Beruhigt konnten wir wieder unsere Toilette benutzen.

„Da haben Sie noch einmal Glück gehabt...“
kommentierte der große Monteur das Geschehen. Beide strahlten. In höchster Not hatten sie uns geholfen. Und ich reflektierte die Umstände, unter denen sie tagtäglich ihren Job machten. Das war eine Drecksarbeit, im wahrsten Sinne des Wortes. Zwischen menschlichen Exkrementen herum wühlen. Ich bewunderte, wie die beiden sich nicht geekelt hatten und gut gelaunt dem Tatort in unserem Hause den Rücken kehrten. Die 140 €, die bar zu zahlen waren, zahlte ich gerne.

„Frohe Weihnachten“
verabschiedeten sich die beiden. Ihre roten Overalls hatten nichts mit Weihnachtsmännern zu tun. Doch ich kam mir unsichtbar beschenkt vor. Dass in unserem Badezimmer wieder alles in Ordnung war. Das Weihnachtsfest konnte nun seinen gewohnten Gang nehmen.

Tage später, am zweiten Weihnachtsfeiertag, erfuhr ich, dass es schlimmer kommen konnte. Meine Eltern erzählten von meinem Onkel. Es geschah am Heiligen Abend. Vormittags und plötzlich kam die Überschwemmung. Die Toilette stank und lag direkt neben der Küche.

Sein Schwiegersohn eilte aus dem Nachbarort mit der Spirale herbei. Gemeinsam wurden sie Herr der Lage. Dreck und Gestank und Verstopfung waren verschwunden. Das Malheur hätte sich in der Tat keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können.

Montag, 23. Dezember 2013

frohes Weihnachtsfest

Ich wünsche allen Lesern ...
... ein frohes Weihnachtsfest
... besinnliche Festtage

... ganz viel Harmonie
... im Kreis der Lieben und der Familie.




Milieukrippe

Auf dem Kölner Krippenweg bin ich in diesem Jahr zufälligerweise auf die Milieukrippe gestoßen, die in der romanischen Kirche St. Maria Lyskirchen (Nähe Heumarkt) aufgebaut ist. Im letzten Jahr sind dort Krippenfiguren von Ausgestoßenen in unserer Gesellschaft gezeigt worden – namentlich Sinti und Roma, Obdachlose und Drogenabhängige. In diesem Jahr thematisiert die Krippe, dass auf der ganzen Welt Christen verfolgt werden.


Das Bild von St. Maria Lyskirchen bildet den Hintergrund der Krippe.


Häuser in dem Baustil, wie man sie in der Kölner Altstadt findet, fügen sich an.



Diese Tafel zählt diejenigen Länder auf, in denen weltweit Christen verfolgt werden.


Alle drei Minuten wird ein Christ auf der Welt wegen seines Glaubens getötet.


Christen aus denjenigen Ländern, wo sie verfolgt werden, suchen bei uns Asyl.


Lautlos, ohne dass wir es bemerken, zerrinnt dies an uns vorbei.

Samstag, 21. Dezember 2013

Weihnachtsplätzchen und Dreikönigsschrein

Nun hat die heiße Phase begonnen. Wir haben alle Geschenke beisammen. Sie sind eingepackt, der Weihnachtsbaum steht, er ist aber noch nicht geschmückt. In dieser heißen Phase habe ich kaum Zeit zum Bloggen.

Eigentlich hatte ich vor, einen Post über den Dreikönigsschrein im Kölner Dom zu schreiben. Fotos hatte ich bei Weihnachtseinkäufen in Köln gemacht. Reinhard von Dassel, Kaiser Barbarossa, der Investiturstreit, der Zerfall des Papsttums, der Glanz der Oberitaliens: ich hatte die Epoche Mitte des 12. Jahrhunderts studiert, als die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln gelangten. Das war noch im Entwurfsstadium. Ich hatte nicht alles beisammen, um die Epoche verstanden zu haben und zu erzählen.  Bei Posts zu geschichtlichen Themen muss ich mich jedesfall themenbezogen hineindenken. Das braucht Zeit und dauert.

In diesem Jahr bin ich zuständig für die Weihnachtsplätzchen. Sie sind wichtiger als der Post über den Dreikönigsschrein, der warten kann bis nach Weihnachten oder bis ins neue Jahr.

Ich habe den Teig für Nussplätzchen gemacht. 250 g Butter, 250 g Zucker, 250 g Mehl und 250 g geriebene Nüsse.


Hier wiege ich die Zutaten ab.


Die Zutaten sind in der Rührschüssel.


Mit den Händen knete ich den Teig.


Dies ist der fertige Teig, aus dem mit einem Messer im nächsten Schritt die Plätzchen abgeschnitten werden.

Den Teig habe ich in den Kühlschrank gestellt. Morgen werde ich die Plätzchen backen. Nach Weihnachten oder im neuen Jahr folgt dann der Post über den Dreikönigsschrein im Kölner Dom. Dieser Post hat Zeit. Der Dreikönigsschrein steht schon mehrere Jahrhunderte im Kölner Dom. Tage oder Wochen Zeitversatz bis zur Öffentlichung des Posts können da vernachlässigt werden.

Dienstag, 17. Dezember 2013

simplify your life


Das Leben selbst gestalten. Nicht von anderen gelenkt werden, selbst Horizonte entdecken, selbst Ideen entwickeln und diese auch umsetzen. Wer will das nicht ?

Managementkonzepte packen die eigenen Lebensentwürfe in Leitfäden. Zeitmanagement, Selbst-Management, Pareto-Prinzip, Schreibtisch-Check: es findet sich viel Nützliches, das den Alltag strukturiert und erleichtert. Unter dem Titel „simplify your life“ sind ganze Bücher darüber geschrieben worden, wie man den Alltag methodisch in den Griff bekommen kann. Innerlich spüre ich diesen Wunsch in mir: nach Klarheit, nach Übersichtlichkeit, Ballast abwerfen, Unnötiges eliminieren, eine Art von Katharsis oder innerer Reinigung von alledem, was die eigene Seele verstopft.

Doch im Moment überrollt mich das ziemliche Gegenteil. Die Geburt Christi treibt das Weihnachtsfest vor sich her. Das Weihnachtsgeschäft treibt die Geschenke vor sich her. Die Geschenke treiben die Familie vor sich her, weil alle unter dem Tannenbaum ganz viel auspacken wollen. Der Weihnachtsmann kommt mir vor wie ein Staubsauger aus der Galaxie, der unaufhörlich Geschenke in sich hinein saugt, um sie dann unter dem Gabentisch wieder  auszuteilen. Hoffnungslos mit den Geschenke-Käufen im Rückstand, haben wir gestern beim verkaufsoffenen Sonntag einen regelrechten Einkaufs-Marathon hingelegt. Nun liegen wir deutlich besser im Rennen.

„Simplify your life“ funktioniert nicht zur Weihnachtszeit. Wegwerfen, aufräumen, neu gewichten, was wichtig und unwichtig ist, all dies muss ich verschieben auf die Nach-Weihnachtszeit. Geschenke kaufen, das geht in die umgekehrte Richtung. Da wird nichts vereinfacht, sondern aufgebläht. Je größer die Anzahl der zu Beschenkenden, um so mehr müssen Checklisten und Notizzettel herangezogen werden, damit niemand vergessen wird.

Je näher die Deadline des Weihnachtsfestes rückt, um so mehr erfahre ich am eigenen Leib, wie knapp die Ressource Zeit ist. Dringend, eilt, darf nicht vergessen werden, am besten alles auf einmal. „Simplify your life“ reicht gerade, um uns über Wasser zu halten. Die Abläufe des weihnachtlichen Rituals sind vorgegeben. Christliche Traditionen stiften an für sich ja bereits einen Sinn. Die dritte Kerze ist erloschen, die vierte Kerze wird das Weihnachtsfest schon bedrohlich nah streifen. In Leinentücher eingehüllt, verbinde ich mit dem Jesuskind in der Krippe nichts, was mit „simplify your life“ zu tun hat. Vereinfachendes, das meine Seele reinigt, werde ich sicherlich in den Gleichnissen der Bibel finden.

Die Zeitnot frißt mich auf. Nun ist die Phase der Vorweihnachtszeit gekommen, in der die Kaufentscheidungen zu einem ökonomischen Komplex aufgebläht werden. Maximaler Nutzen unter den Nebenbedingungen, dass die Ressourcen Zeit und Geld begrenzt sind. Oder auf der abstrakten mathematischen Ebene: ein lineares Optimierungsproblem mit einer Nutzenfunktion der zu Beschenkenden unter den Restriktionen Zeit und Geld. Das zu handhaben, kostet Kraft. So stellen wir in jedem  Jahr fest, dass wir, ohne dass jedwede Lerneffekte eintreten, viel mehr ausgeben, als wir wollen. Ich scheue mich, dieses Wort zu gebrauchen: aber wir sind halt etwas spießig, dass jeder jedem etwas schenken möchte. Und das reißt wiederum dicke Löcher in unsere Haushaltskasse. Was an einer anderen Ecke wiederum vollkommen widersinnig ist, wenn wir zum Beispiel wegen Zehner-Beträgen herum rechnen, welche Autoversicherung am günstigsten ist. Oder wenn wir einen regelrechten Überwachungsstaat in unserem Hause implementieren müssen, damit in ungenutzen Räumen kein Licht brennt. 

Eines gelingt mit „simplify your life“ auch nicht: das sind all die familiären Beziehungen. Gerade das Weihnachtsfest zeigt, wie sich das familiäre Netzwerk fest gefahren hat. Das ist gut und richtig so, dass Weihnachten ein Familienfest ist. Als Familienfest erstarrt das Weihnachtsfest aber in seinen Abläufen. Abweichungen werden nicht geduldet. Erwartungshaltungen müssen erfüllt werden. Das kann bisweilen sogar krankhafte Züge annehmen, wenn der Weihnachtsfrieden nicht von innen kommt, sondern von außen angeordnet wird. „Simplify your life“ anzuwenden, ähnelt einer Fahrt als Geisterfahrer auf der Autobahn.

Ich werde es überleben, so wie ich es all die vielen Jahre überlebt habe. Wer hat nicht diesen Traum in sich, sein Leben selbst gestalten zu wollen ? Ich stehe dazu, dass „simplify your life“ das richtige Konzept zur falschen Zeit ist.

Sonntag, 15. Dezember 2013

mittelalterlicher Weihnachtsmarkt und Esskultur


Ich bekomme keinen Drehwurm, denn die Handkurbel dreht sich butterweich in meiner Hand. Das Kinderkarussel gleitet dahin, unsere Kleine freut sich auf dem Holzpferd, dass ich mich gemeinsam mit einem anderen Vater anstrengen darf. Ich durfte kurbeln, denn der Motor war noch nicht erfunden. Wir waren auf dem Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt in Siegburg. Dort war alles mittelalterlich, auch  das Mittelalterliche Kinderkarrussel.

Dennoch fühlte ich mich erlöst, als die Glocke das Ende der Karrusselfahrt einläutete. Danach knurrte der Magen. Hunger und Durst regten sich. Der Weihnachtsmarkt war konsequent. Weil er uns ins Mittelalter versetzte, suchten wir Reibekuchen, Rostbratwurst, Krakauer, Thüringer oder Backfisch vergeblich. Ich staunte aber, dass in der Taverne Glühwein angeboten wurde. Das Mittelalter kannte praktisch keinen Glühwein, während die Römer Wein erhitzten und ihn mit Pfeffer, Lorbeer und Safran würzten. Im ältesten erhaltenen römischen Kochbuch „De re coquinaria“ stehen solche Rezepturen. Schließlich löschte ich meinen Durst mit einem heißen Apfelsaft.

Pieter Brueghel, Besuch beim Mündel (1616), Museum voor schone Kunsten Antwerpen
Ein Feuer aus Holzscheiten, eine zentrale Kochstelle, dicke Laibe Brot, ein Brei aus Getreide: obschon erst 1616 zum Ausgang des Mittelalters gemalt, beschreibt das Gemälde von Pieter Brueghel treffend, wie sich die Menschen im Mittelalter ernährt haben. Die Stände des mittelalterlichen Weihnachtsmarktes haben sich sichtlich Mühe gegeben, die Esskulturen des Mittelalters zu rekonstruieren.

Wie auf dem Gemälde von Pieter Brueghel, kreiste die Ernährung um das Brot. Die Viehzucht reduzierte sich, die Nutzung als Ackerland nahm zu, weil Mehl gelagert werden konnte und – wenn die Ernteerträge ausreichten – Brot das ganze Jahr über gebacken werden konnte. So aß der Mensch im Mittelalter rund viermal so viel Brot wie heute, nämlich 200 Kilogramm pro Nase zu 57 Kilogramm heute. In der Dreifelderwirtschaft dominierte der Roggen, weil er die geringsten Ansprüche an den Getreideanbau stellte. Er wuchs auch auf kargen Böden, eine zu trockene oder zu nasse Witterung setzte ihm am wenigsten zu. Hefe verbreitete sich übrigens erst im hohen Mittelalter, so dass Brot im frühen Mittelalter als Fladen gebacken wurde.

Backofen
Im späten Mittelalter gelang der Erbse der große Durchbruch, denn Hülsenfrüchte konnten in der Dreifelderwirtschaft untergebracht werden. Zwei Jahre lang Getreideanbau, das dritte Jahr musste der Acker ruhen, denn Kunstdünger wurden erst in der Neuzeit erfunden. „Süpplin“ – bedeutungsschwer schaue ich auf die mittelhochdeutsche Bezeichnung des Standes, wo man Eintöpfe essen konnte. Das Oberhemd war in Falten gelegt, die weißen Hemdsärmel weiteten sich, seine Kopfbedeckung war aus demselben Weiß und hing genauso herab. Erbsensuppe stand oben auf der Speisekarte. Das passte zu dem Gemälde von Pieter Brueghel, wo die Suppenküche im Mittelpunkt des Hauses stand.

Fleisch war selten, aber im Mittelalter wurde durchaus Fleisch gegessen, vor allem Schweinefleisch. So regelt bereits die „Lex Salica“ des Merowingerkönigs Chlodwig (verfasst 507-511), wie Schweinediebstahl bestraft wird. Dort wird genau beschrieben, wer wo und welche Schweine hält und wie der Diebstahl durch Hiebe, Rutenschläge oder auch – bei mehrmaligem Vergehen – durch Abhacken der Hand bestraft wird. Gerichte wie „Altmärkische Grünkohlpfanne mit Mettwurst“ haben die Menschen im Mittelalter durchaus gegessen, wenngleich Mettwurst oder Kotelett oder Spießbraten eher eine Ausnahme gewesen sind.

Der Stand mit „Met“ trifft einen Kern mittelalterlicher Trinkkultur. Die Römer hatten den Weinanbau zu den Germanen gebracht. Die Germanen tranken aber Met und keinen Wein. Das war Hafer, der in Wasser gegärt wurde und mit Honig versetzt wurde. Fränkische Volksstämme vertrieben die Römer, so dass sich der Met im Mittelalter wieder verbreitete. Der Durchbruch des Biers kam später, im 13. Jahrhundert. So berichtet die Chronik der Stadt Landshut im Jahr 1265, dass sich der niedrige Preis für das Bier durchgesetzt hat: „ein Eimer Bier kostet 18 Pfennige, ein Eimer Met kostet 42 Pfennige und ein Eimer Frankenwein 55 Pfennige.“ Fortab wurde Bier zum Volksgetränk, dass die Menschen selbst dem Wasser vorzogen, denn es war wegen des Gärungsprozesses ohne Krankheitskeime.

Der Hunger führte uns in die Irre. Wir aßen in der Spätzleküche, die eigentlich gemäß dem Mittelalter dieses Nudelgericht mit einer Kräutersoße garnierte. Das Würzen mit Kräutern war durchaus verbreitet – so hatten wir beispielsweise bei unseren Urlauben einen rekonstruierten mittelalterlichen Kräutergarten auf der Insel Reichenau am Bodensee kennen gelernt. Aber Spätzle ? Urkundlich hat sie erstmals im Jahr 1725 der Württembergische Rat erwähnt – und 1725 liegt eindeutig nicht mehr im Mittelalter. Dennoch schmeckten sie lecker, den Gesamteindruck dieses mittelalterlichen Weihnachtsmarktes ließen wir uns auf der Zunge ergehen. Dieser Weihnachtsmarkt stach heraus aus der Identitätslosigkeit anderer Weihnachtsmärkte.


Das Mittelalter hatten wir genossen. Als wir den Siegburger Weihnachtsmarkt gegen 15 Uhr verließen, wurden wir regelrecht tot getrampelt, so viele Menschen wollten das Mittelalter sehen. Wir wussten, dass die Zeitfenster am Wochenende schmal waren, um das Mittelalter einigermaßen entspannt vor unseren Augen ablaufen zu lassen.

Mittwoch, 11. Dezember 2013

"Earth Day" und Post-Tower

Quelle: www.wikipedia.de
Am „Earth Day“, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, kam die Stunde der Wahrheit. 1970 eingeführt, versank der „Earth Day“ jahrzehntelang in der Bedeutungslosigkeit, bis er nach der Reaktorkatastrophe ein komplett anderes Gewicht erhielt. So tat sich in Bonn im Jahr 2011 überraschendes, denn diesmal ging der Fingerzeig nicht auf den einzelnen Verbraucher, um die Ressourcen unseres Planeten zu schonen, sondern ein großer Konzern marschierte mit gutem Beispiel voran: das war die Deutsche Post. Sie zeigte, wie ohne Aufwand, ohne jemandem weh zu tun und ohne dass sich jemand gestört fühlt, Größenordnungen an Energie eingespart werden können.

Dies geschah, als die Haustechniker der Deutschen Post in der Nacht vom 25. auf den 26. März ganz einfach nichts taten. Sie legten nicht den magischen Einschalthebel um, der die Nachtbeleuchtung des Post-Towers hoch fuhr. Zehn Stunden lang versackte der hagere Klotz in dieser Nacht im Dunkeln, genauso wie die übrigen Bürogebäude in der Stadt. Alleine die Notbeleuchtung hauchte diesem Bauwerk noch ein bißchen Leben ein.

Der „Earth Day“ lüftete ein Geheimnis.

Denn die Deutsche Post ist anders herum unterwegs und hat den Klimaschutz in ihren Unternehmenszielen verankert. Bis zum Jahr 2020 will die Deutsche Post 30% CO2 einsparen. Das ist sicherlich lobenswert. Wie dies genau geschehen soll, dazu findet sich allerdings wenig konkretes. Umstellung der Paketzustellung auf Elektrofahrzeuge, Nutzung von Öko-Strom, Betankung mit alternativen Kraftstoffen in der restlichen Fahrzeugflotte. Ob eine Energiebilanz eine 30%ige Einsparung hergibt, dazu kann und muss bis zum Jahr 2020 sicherlich noch einiges geschehen.

Der Post-Tower war und ist Vorzeigeobjekt, was den Verbrauch der natürlichen Ressourcen betrifft. So wird die Klimaanlage mit Grundwasser betrieben, welches in Rheinnähe reichlich vorhanden ist. Vorgehängt, ist die Glasfassade doppelt gebaut worden. In dem Zwischenraum von 1,5 Metern kann die Luft zirkulieren, so dass sich die Büros bei hohen Außentemperaturen weniger aufheizen und weniger Strom für die Klimaanlage verbrauchen.

Diesen Mythos von Nachhaltigkeit und Umweltschutz hat der „Earth Day“ nunmehr angekratzt.

Die Nachtbeleuchtung des Post Tower spielt mit dem Licht. 5.775 Leuchtstoffröhren schütten ihr Licht aus. Farbwechselscheinwerfer modellieren die Grundfarben Rot, Gelb und Blau. Dimmer regulieren die Intensität. Blinker sorgen für Blinkeffekte. So leuchtet in der Vorweihnachtszeit ein Tannenbaum oder eine Adventskerze. In den übrigen Jahreszeiten überwiegt ein eintöniges strammes Blau, wobei an einzelnen Tagen die Grundfarben Rot oder Gelb erscheinen. Die Beleuchtung passt sich aber auch Ereignissen an: ein Portrait von Beethoven während des Beethovenfestes, ein Fußball während der Fußball-Weltmeisterschaft oder ganz einfach ein werbeträchtiges Posthorn.

Als Betrachter brauche ich keine solchen Spielereien. Widersprüche reißen auf, wenn die Deutsche Post einerseits die Nachhaltigkeit dermaßen heraushebt und anderseits ihre eigenen Stromverbrauch in die Höhe schießt, weil sich alle in die künstlerischen Gestaltungsformen der Nachtbeleuchtung verliebt haben.

Der „Earth Day“ hat bewiesen: in den zehn Stunden vom 25. auf den 26. März 2011, in denen die Lichter aus waren, wurde ein Viertel mal so viel Strom eingespart, wie ein Vier-Personen-Haushalt im Jahr verbraucht. Das ist eine Größenordnung. Macht es da noch Sinn, in unserem eigenen Haushalt auf Energie-sparende Verhaltensweisen zu achten ? Wenn sich Konzerne wie die Deutsche Post hinter einer Vernebelungstaktik verstecken ? Öffentlichkeitswirksam, bekommen wir nur das gezeigt, was in Hochglanzbroschüren steht. Widersprüche reißen auf, wenn man zwischen den Zeilen liest.

Die Entwicklung in den Folgejahren hat gezeigt, dass der „Earth Day“ als Plattform der unternehmerischen Selbstdarstellung zurecht gebogen wurde. 2011, nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, war die Aktion der Deutschen Post einmalig. 2012 verkürzte sich die Zeitspanne auf eine Stunde. 2013 glänzte der Post Tower durch Abwesenheit und erstrahlte in vollem Licht. Das Jahr 2011 hat gezeigt, dass das Potenzial, um unseren Ressourcenverbrauch zu schonen, bei einem Gebäude in einer solchen Dimension hoch ist. Es ist traurig, dass sich Katastrophen ereignen müssen, um ein solches Bewusstsein zu schaffen.

Montag, 9. Dezember 2013

übel

Der Gesang des Schulchors „In der Weihnachtsbäckerei“ war friedlich verstummt, als sich alles in Wohlwollen auflöste, Schülerinnen und Schüler zu ihren Eltern zurückstrebten und der Adventsbasar in der Grundschule alle Besucher mit offenem Herzen empfing. Die Schulleiterin hatte mit ihrer etwas quäkenden Stimme den Basar eröffnet, die Aula war rappelvoll, Eltern und Kinder sortierten sich. Das Licht des späten Nachmittags fiel so unbestimmt durch die Fenster wie die Blicke in den Gesichtern, die am Freitag vor dem ersten Advent mit der Vorweihnachtsstimmung noch nichts sonderliches anfangen konnten. Schüchtern hingen selbst gebastelte Weihnachtssterne die Fensterflächen hinab, das Kuchenbüffet sah dem Besucherandrang erwartungsvoll entgegen.

Voller Skepsis sah ich die beginnende Weihnachtszeit auf mich zurollen. Dennoch sah ich die Dinge positiv. Die Schule hatte sich Mühe gegeben. „In der Weihnachtsbäckerei“ zu singen, betrachtete ich als Kult, denn dieses Weihnachtslied fiel effektiv aus dem Rahmen. Ich entkam dem ganzen Gedrängele, indem ich einen Stehtisch dicht am Fenster erwischte. Ich schaute auf den Schulhof, wo Kinder in wirrem Gehopse hin- und her rannten, ihre Eltern umschwärmten und sie dann hinter sich herzogen, um ihnen in ihren Klassenräumen Basteleien zu zeigen.

Ich sah die Dinge auch deswegen positiv, weil ein Märchenerzähler vorlas. Und zwar Hänsel und Gretel. Der Märchenerzähler gab sich Mühe und nahm sich viel Zeit, denn eine Stunde lang verschwand unsere Kleine gemeinsam mit anderen Kindern. Niemand störte die Kinder hinter einem grünen Samtvorhang, wo der Märchenvorleser sie in aller Ausführlichkeit in die Geschichte über eine Hexe und zwei bitterarmen Kindern entführte, die zum Schluss ein gutes Ende fand.

 Derweil stützte ich meine Ellbogen gemütlich auf den Stehtisch. Der Kaffee dampfte, ich schlürfte den brühwarmen Muntermacher hinunter. Zugezogen, hatte ich zu den Bewohnern im Ort keinen regen Kontakt. Doch Gesichter, die ich über Kindergarten oder Schule oder Nachbarschaft kannte, rannten mir bei solchen Veranstaltungen in der Grundschule stets über den Weg.

Es war Ellen.

Die Falten hatten in dem Gesicht der Mittvierzigerin Überhand genommen. Schlaff hing ihr schulterlanges, braunes Haar herunter. Ich kannte sie, weil die Firma ihres Mannes uns damals ein Angebot für Solarzellen auf unserem Häuserdach machen wollte – was dann aber nicht geschah. Ihr jüngster Sohn ging in die dritte Schulklasse.

„Wie geht es ?“
„Übel. Manchmal bin ich nur noch am Heulen.“

Ich wusste, dass ihr Ehemann sie kurz vor der Silberhochzeit verlassen hatte, weil er seine eigene Freiheit entdeckt hatte und sich selbst verwirklichen wollte.

„Dein Lebensstandard geht wahrscheinlich gleich Null.“
„Ich sage nur: übel. Im Hotel mache ich Zimmer sauber, weil ich den ganzen Tag nicht in der Bude hocken kann. 600 Euro verdiene ich dort. 100 Euro bleiben übrig, weil dann das Amt kein Wohngeld mehr zahlt. Das Amt zieht mich also auf Hartz IV-Niveau runter, egal, was ich mache.“

„Deine Jungs ?“
„Genauso übel. Mein ältester, der sechzehn ist, ist seit einem Jahr bei seinem Vater. Mein Ex hat nun eine Freundin, die gut verdient. Er kann unserem ältesten all dieses elektronische Spielzeug bieten, was ich ihm nicht bieten kann.“

Ich holte uns beiden einen weiteren Kaffee. Ich staunte, wie ruhig sie war. War es unser Gespräch, das ihre Verkrampfung löste ? Dann umklammerten ihre Finger den Kaffeebecher, in langen Schlücken sog sie ihn in sich hinein. Das Menschgewimmel vor der Kuchentheke hatte sich gelichtet. An den Spiegelungen der Deckenbeleuchtung vorbei, verirrte sich mein Blick durch das Fenster, wo sich unsere Pfarrkirche standhaft von dem grauen Novemberhimmel abhob.

„Deine anderen beiden Jungs ?“
„Der ältere schreit nur rum. Ich könne nicht kochen, er will meinen Fraß nicht essen, ich wäre eine Schlampe. Vater und Freundin stacheln ihn an. In ein paar Jahren ist der auch bei seinem Vater, weil er zahlungskräftiger ist und mehr bieten kann.“

„Deine Eltern ?“
„Habe ich keine. Bin bei meiner Pflegemutter aufgewachsen.“

Ich senkte meinen Kopf. Das war übel.

Wir redeten über weitere Übelkeiten, über Scheidungsrecht, über Endlosveranstaltungen von Gerichtsprozessen, über eine höchst richterliche Entscheidung, dass die 250 Euro Unterhalt ihre Richtigkeit hatten. Übel war auch der tägliche Existenzkampf, mit dem Geld klar zu kommen.

Sie jammerte nicht, umgekehrt war ihr aber auch kein Lächeln zu entlocken. Dieser Adventsbasar hatte mir übel mitgespielt. Wie aufs Glatteis geführt kam ich mir vor, ob und wie ich ihr helfen könnte. Üblicherweise hielt ich mich von solchen Beziehungsdramen ganz weit fern. Bislang kannten wir sie so gut oder so schlecht, wie wir die übrigen Nachbarn in unserer Nachbarschaft kannten.

Als ich den Adventsbasar verlassen hatte, geisterte sie noch lange in meinem Kopf herum. Von solchen Einzelschicksalen bekamen wir eher selten etwas mit. Ich hatte in Abgründe hinein geschaut, die uns erspart geblieben waren. Glücklicherweise.

Sonntag, 8. Dezember 2013

Bahnhof Lüttich (Liège-Guillemins)

In Lüttich musste ich umsteigen, als ich Leen und Jan in Leuven besuchte. Nachdem der Thalys in einem kriechenden Tempo die Maas überquert hatte, fuhr er in den neuen, hypermodernen Bahnhof ein. „Liège-Guillemins“ nennt sich der Bahnhof nach dem Vorort, der noch einen strammen Fußmarsch vom Zentrum entfernt liegt. Ich kannte nur den alten Bahnhof, der in die Jahre gekommen war. Bei dessen Sanierung hatte man nur das Notdürftigste getan. Den Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz (2 Std 10 Min nach Paris, 2 Std 10 Min nach Frankfurt, 2 Std 30 Min nach Amsterdam, 4 Std nach London) hatte man dazu genutzt, den herunter gekommenen Bahnhof abzureißen und diesen futuristischen Bau in die Stadtlandschaft zu setzen.


Der Bahnsteig wartet auf einfahrende Züge.


Die Glaskuppel beugt sich in die Höhe.


Digital fließt die Anzeige der Züge gegen das Glas.


Ein Netz von Rolltreppen führt von Gleis zu Gleis.


Das Zifferblatt der Uhr vereinsamt gegen die Querpfeiler aus Beton.


Unweit vom Bahnhof wachsen Baukräne in die Höhe.


Die Breite des Gangs und die zahlreichen Anzeigetafeln erinnern an einen Flughafen.


Zwischen der Glaskuppel hat sich das Stadtbild von Lüttich behauptet.

Freitag, 6. Dezember 2013

Schokoladenstadt Köln

Der Hunger machte seine Vision von Schokolade lebendig.

Die Schlosserei seines Vaters lief schlecht, denn in den 1930er-Jahren grassierte die Arbeitslosigkeit, auch in der Kölner Südstadt. Wenn Hans Imhoff als Kind vor der Haustüre die Duftwolke von Kakao roch, die die Schornsteine der Stollwerck-Fabrik hinaus pustete, zog ihn die unsichtbare Hand dieses süßlichen und zähen Geruchs durch die Straßen. Von der Fleischmengergasse über die Severinstraße zur Dreikönigenstraße. Er roch sich satt, denn für Schokolade fehlte den Imhoffs das Geld. Seine Phantasie blühte, in seinem Kopf malte er sich alles in Schokolade aus.

Schokoladenmuseum Köln, Rheininsel
Ausgebombt, begann Hans Imhoff nach dem Krieg in Bullay an der Mosel neu. Er handelte mit Lebensmitteln. Auf Lastschiffen ließ er Säcke mit Kakaobohnen herankarren, in den Hinterhöfen von Lagerhallen brodelte und kochte es vor sich hin. In Blechtöpfen über Sprituskochern bereitete er die Kakaomasse auf, woraus dann Schokolade wurde. Er verwendete sogar Schokolade aus Care-Paketen der Alliierten, übergoß sie mit Zucker und stellte so die ersten Pralinen der Nachkriegszeit her. Seine Firma wuchs, die Wirtschaft brummte, der Appetit der Bundesbürger auf Schokolade stieg. Er kaufte kleine Firmen wie Toblerone oder Schoka-Kola auf,  mauserte sich zu einem mittelständischen Unternehmen.

Der Coup gelang, als der Stollwerck-Konzern in wirtschaftliche Schieflage geraten war und am Weltmarkt vorbei produzierte. Der Aktienkurs war in den Keller gesackt. Seine Vision, dass die Schokoladen-Fabrik in der Kölner Südstadt einst ihm gehören würde, hatte hartnäckig die Zeiten überdauert. Er plante eine feindliche Übernahme. Das war 1972. Damals war er fünfzig Jahre alt, und der Deal wurde perfekt, als er das Kapital für 46,5% der Aktien zusammenkratzte, die er der Deutschen Bank abkaufte. Nun hatte er die Aktienmehrheit, und mit dem Stollwerck-Konzern hatte er sich ein Königreich von Schokoladen-Marken zusammengekauft, die auf der ganzen Welt gegessen wurden und von Köln aus gesteuert wurden. Sarotti, Sprengel, Alpia, Eszet, Waldbaur, Suchard, das waren alles Edel-Marken, um die sich der Handel riss.

Schokoladenmuseum, Aufschrift
Den Konzern brachte er wieder auf Touren. Er stieß alles ab, was nichts mit Schokolade zu tun hatte, strich die Produktpalette von 1.200 Produkte auf 47 Produkte zusammen. Er durchleuchtete alle Ecken seines Konzerns auf der ganzen Welt, wo Kosten eingespart werden konnten. Er verkaufte das Fabrikgelände in der Kölner Südstadt und baute 1975 eine neue, hochmoderne Fabrik auf der anderen Rheinseite, in Köln-Porz. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere machte er Köln zur Schokoladenstadt.

Hans Imhoff wurde älter, er marschierte auf die 80 zu, und er hatte keinen Firmennachfolger gefunden. Ein Leben lang war er Unternehmer mit Leib und Seele, Tag und Nacht war er für die Firma da. Seine Tochter Annette hätte das Format gehabt, die Firma des Vaters weiterzuführen. Doch damals war sie Ende 30, sie war bereits Geschäftsführerin in einer Tochterfirma ihres Vaters, die überraschenderweise nichts mit Schokolade zu tun hatte, sondern mit Wäschereien, Berufsbekleidung und Schutzbekleidung. Ihre beiden Kinder waren noch zu klein, so dass ihr diese Firma reichte.

Es ging bergab. Hans Imhoff verkaufte 2001 sein Schokoladen-Imperium an einen Schweizer Schokoladenkonzern, 2011 verkauften die Schweizer an einen belgischen Nahrungsmittelkonzern, bei dem Schokolade eine untergeordnete Rolle spielte. Die Schokoladenfabrik in Köln-Porz schloß ihre Werkstore, aber bereits viele Jahre zuvor hatte Imhoff ein Denkmal für die Schokoladenstadt Köln geschaffen: das Schokoladenmuseum, welches 1993 eröffnet wurde.

Schokoladenmuseum, Blick auf den Rhein
Quer durch Dschungel und Regenwald wird der Besucher geführt, dort, wo die Kakaobohnen wachsen, wie sie geerntet werden, wie sie zermahlen werden und wie daraus Kakaopulver entsteht. In Pralinen- und Schokoladenkursen kann sich der Besucher darüber schlau machen, wie diese Kakaomasse weiter verarbeitet wird. Das Schokoladenmuseum in Köln liefert ein breites Zeugnis darüber, was Schokolade für die Stadt Köln bedeutet beziehungsweise bedeutet hat.

2007 verstarb Hans Imhoff im Alter von 85 Jahren. Seine Vision der Schokolade bleibt in Köln lebendig. Heutzutage gibt es eine Szene von Chocolatiers, die sich in der Tradition der Schokoladenherstellung bewegt.. Die Chocolatiers haben dicke Kladden mit französischen Original-Rezepten im Gepäck. Pflanzenfett in Buttercreme geht nicht, Fertigprodukte sind tabu. Ganache, Nougat, Nüsse, Pistazien, Marzipan, ihre Zutaten beziehen sie direkt aus Belgien oder Frankreich. Das sind traditionelle Rezepturen, auf die Hans Imhoff im Urzustand der Schokolade genauso zurück gegriffen hat.

Es gibt keinen Zweifel. Köln hat eine weitere Identität erhalten: als Schokoladenstadt.

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Grundsätze des Bloggens

Café "La Royale", Quelle: www.laroyale.be
Es ist eine eigene Kultur, in einem Café in Belgien einen Kaffee zu trinken. So wie man Kölsch in den Brauhäusern der Kölner Altstadt zu trinken pflegt, Alt-Bier in der Düsseldorfer Altstadt oder Apfelwein in den Lokalen in Frankfurt-Sachsenhausen, haben Cafés in Belgien ihre eigene Tradition.

Kaffee-Trinken ist Stil. Der Hintergrund und das Drumherum müssen stimmen. In den beiden Cafés, die Leen und Jan mit mir in Leuven aufgesucht hatten, war die Atmosphäre gediegen, die schweren Holzvertäfelungen an der Wand ließen mich an Antikmärkte denken. Im ersten Café, direkt neben dem Rathaus, hatte ich die Malereien bis zu den hohen Decken bestaunt, Malereien auf Holz, auf denen ich glaubte Alltagsszenen im Stil der flämischen Maler aus dem 16. oder 17. Jahrhundert zu erkennen. Das Café „La Royale“, in dem wir den Abschied auf uns zukommen ließen, lag gegenüber dem Bahnhof, damit ich meinen Zug auf keinen Fall verpassen konnte.

Auch das Café „La Royale“ beeindruckte, wie einfach es eingerichtet war. Wir saßen an blanken Holztischen mit einem parkett-ähnlichen Muster, der sachte graue Steinfußboden schob sich unauffällig darunter. Die schweren dunkelbraunen Holztüren ließen einen frischen Luftschwall hinein, wenn sie sich öffneten. Die Wände verschönerten Zeichnungen vom Bahnhofsvorplatz, Bürgerhäuser mit Arkadengängen, von denen eines das Café „La Royale“ war.

Kleine Kuchenstücke waren zum Kaffee serviert worden, das war selbstverständlich und gehörte zu einer gepflegten Kaffee-Kultur.  Eine bierselige Ruhe schwappte zu mir herüber, obschon niemand in dem gut besuchten Café Alkohol trank. Zwischen dem Kaffee und all den anderen Gesprächen im Café zerrann die Zeit. Der Barkeeper spülte Tassen, Tische und Stühle spiegelten sich auf der Glasverkleidung über der Theke. Das Zeitkontingent, das mir in Leuven zur Verfügung stand, ging unweigerlich zur Neige.

Leuven war dabei, mich in ihren letzten Atemzügen umzuhauen. Ganz weit entfernt lag die Stadt von all der Geschäftigkeit, all der Hektik und all dem Zeitdruck zu Hause entfernt. Und so harmonisch, wie Leuven war, voller alter Bausubstanz, voller Cafés und Geselligkeit, ohne große Kaufhausketten und Einkaufspassagen, durchsetzt mit kleinen Geschäften, ohne Abrißorgien und Großbaustellen, kamen mir Städte wie Köln oder Bonn beinahe sogar häßlich und abstoßend vor.

Es half nichts. Das zerbröselnde Zeitkontingent nutzte ich dazu, um über die Bloggerei zu reden, was eigentlich der Anstoß für meine Reise nach Leuven war. Leen Huet hat ihre eigene Blog-Seite, die Jan ihr gestaltet hatte. Jan selbst war weder Blogger, noch war er in sozialen Netzwerken vertreten.

Leen und ich scharten unsere Gedanken zusammen, fanden zurück zur Bloggerei. „Uw eigen mening … je bent helemaal vrij“ meinte Leen mehrfach, auf Deutsch: „Deine eigene Meinung … Du bist vollkommen frei.“ Unsere Essenz, welche eigenen Sichtweisen wir beim Bloggen hatten, war ein gewaltiger Abschied.

 In vollkommener Freiheit entwickelten wir unsere Grundsätze des Bloggens:
  • Bloggen ist Identität. Wir schlüpfen in die Rolle eines Bloggers, dessen Identität aus unser selber stammt. Als unbeteiligter Beobachter inszenieren wir unsere Themen in unserem Blog.
  • Bloggen ist Lebenseinstellung. Wir müssen genauer hinsehen, um den Dingen auf den Grund zugehen. Der flüchtige Blick, wie wir die Dinge tagtäglich sehen, reicht nicht aus. Wir müssen die Dinge drehen und wenden, um Neues zu sehen. Andere Wege, andere Perspektiven, von oben, von unten, von vorn, von hinten, Schnellabriss, Tiefenbohrung, zu Fuß, per Rad, mit dem Auto, mit der Bahn, Gegenden, die wir nie gesehen haben und so weiter.
  • Bloggen ist Strukturieren. Wir beobachten ganz viele Dinge, unsere Augen sind ganz weit geöffnet. Wir sammeln, ordnen und strukturieren, was wir beobachtet haben. Wir dokumentieren. Wir machen Notizen und fotografieren mit der Digitalkamera, damit das Gesehene nicht verfliegt und später abrufbar ist. Wir ordnen ein, welches die Oberthemen sind, was in welche Zusammenhänge gehört und wie die Details aussehen.
  • Bloggen ist Themensuche. Schon beim Beobachten nehmen wir die Themen wahr. Wie selbstverständlich, wird in den Massenmedien über Themen berichtet – in Zeitungen, im Fernsehen und im Radio. Darunter nutze ich gerne Podcasts aus Radiosendungen. Daraus formen wir eine Themensammlung, die mit eigenen Beobachtungen angereichert wird.
  • Bloggen ist Unabhängigkeit. Wir entscheiden. Niemand gibt uns vor, über welche Themen wir etwas schreiben und wie wir über diese Themen schreiben. Das ist ein klein  wenig wie bei einer Tageszeitung, in der wir bestimmen, wie wir die einzelnen Rubriken mit unseren Texten gestalten. Unsere eigene Meinung sollten wir plazieren, was wir von den Dingen halten.
  • Bloggen ist Eingrenzen. Bezogen auf die Vielzahl potenzieller Themen, ist es unmöglich, über alles zu schreiben. Unser Medium ist der Text. Also posten wir eher selten in dem Medium der Fotografie (oder Malerei oder Architektur usw.). Themen, die uns nicht interessieren, von denen wir keine Ahnung haben oder zu denen wir sonst wie keine Berührungspunkte haben, lassen wir weg. Auch allzu banale Themen, wenn der örtliche Musikverein sein Jubiläum feiert, wenn um die Ecke eine Kaninchenausstellung stattfindet oder wenn ein neues Kosmetikstudio eröffnet, lassen wir lieber weg.
  • Bloggen braucht Leser. Nur mit den Lesern können wir feststellen, ob die Texte überhaupt den Leser erreichen und wie sie den Leser erreichen. Was beim Leser ankommt, daran sollten wir uns orientieren. Danach ist vieles Gefühl, bei welchen Themen wir gut drauf sind und bei welchen anderen Themen wir schlecht drauf sind. Die Stärken bei den guten Themen sollten wir Zug um Zug ausbauen.
  • Bloggen ist Generalistentum. Die Palette, über die wir schreiben, sollte breit aufgestellt sein, so dass wir uns in eine Vielzahl von Einzelthemen hineindenken müssen. Aus den Querverbindungen zwischen den sehr unterschiedlichen Einzelthemen können wir die Zusammenhänge innerhalb eines übergeordneten Ganzen erkennen. So wird auch verhindert, dass wir zu Fachidioten werden. Es muss so recherchiert werden, dass Fakten und Details stimmen und nichts falsch ist. Gelegentlich sollten wir uns ein „Heimspiel“ in dem Themenbereich leisten, den wir studiert haben. Bei Leen ist es die Kunstgeschichte, bei mir sind es Wirtschaftsthemen.
  • Wir müssen uns in Menschen hineindenken. Gefühle, Empfindungen, Erfahrungen, Erinnerungen gehen stets vom Menschen aus. Selbst Maschinen oder technische Aggregate werden letztlich so beschrieben, wie wir sie als Mensch erleben. Wir sollten uns also mit einer angemessenen Ausführlichkeit mit den handelnden Menschen befassen.
  • Bloggen muss authentisch sein. Wir können die Dinge nur so beschreiben, wie wir sie selbst wahrgenommen haben. Wir dürfen uns nicht in andere Menschen hinein verbiegen, um Gefühle aus einem anderen Blickwinkel zu beschreiben.
Rund vier Stunden hatten wir gemeinsam in Leuven verbracht. Mein Kopf war vollgestopft mit Erlebnissen, von denen ich noch wochen- und monatelang zehren würde.


Leen, rechts; Jan, Mitte; ich, links