Mittwoch, 7. Oktober 2015

neue Website www.rheinland-blogger.net

Hurra ! Nach langem Ausprobieren habe ich es endlich geschafft, meine eigene Website auf die Beine zu stellen. Alle Blog-Einträge werden künftig auf dieser Website erscheinen. Wie gehabt, werde ich dort vielerlei interessante Themen aus dem Rheinland posten, auch manchen Gedankenanstoss, der sich nicht alleine auf das geografische Gebiet des Rheinlandes bezieht. Die Gestaltungsmöglichkeiten halte ich auf der Website für vielfältiger, so dass sich das Layout, dass ich derzeit an meine Blogspot-Seite angelehnt habe, noch verändern wird. Meine Blogspot-Seite werde ich nicht löschen, da alles das, was ich bislang gepostet habe, nicht verloren gehen soll.

Also wünsche ich allen Lesern viel Spaß beim Stöbern auf meiner neuen Website www.rheinland-blogger.net !

Dienstag, 6. Oktober 2015

Brauhäuser in Remagen, Siegburg, Troisdorf

Wenn die Lastkähne tuckern, die Containerschiffe sich vorwärts wälzen und die Fahrgastschiffe der Köln-Düsseldorfer auf die Anlegestelle zusteuern, dann zeichnen sich die Stimmungen bisweilen intensiv wie auf einer Leinwand. Der Felsvorsprung des Erpeler Leys bricht senkrecht ab, läßt den Rhein gewähren, der lässig seine Schleife zieht vorbei an den kargen Stümpfen der Ludendorff-Brücke. In Remagen schmiegt sich das Band des Rheins an die Uferpassage, Möven ziehen ihre Kreise, und über dem gegenüberliegenden Ufer kragt der Kirchturm der Erpeler St. Severinskirche spitz in die bewaldeten Hänge hinein, die sonnenüberflutet leuchten in grünen Farbtönen von Tannen, Buchen und Erlen. Die Nachmittagssonne glitzert, im Wellenspiel zerfließt das Sonnenlicht auf dem Rhein. Herrliches Wetter und gute Laune dominieren, Menschen flanieren auf der Rheinuferpromenade.

Ein Ort, an dem man es gut aushalten kann. Ein Lagevorteil, das stellt der Inhaber des Brauhauses am Caracciola-Platz heraus. Flanieren, verweilen, beobachten, schauen, regenerieren, positive Energie von innen auftanken, genau das suchen hier Einheimische und Ausflügler. Bei diesem Anblick auf den Rhein beflügelt ein hauseigenes Bier Leib und Seele.



Brauhaus Remagen
Hauseigene Brauereien im Rheinland, dieser Trend ist gegenläufig. Während der Bierausstoß der Großbrauereien sinkt, steigt die Anzahl der kleinen Brauereien, die nur für ein winziges Gebiet ihr eigenes Bier brauen, meist für die hauseigene Bewirtschaftung. So lümmele ich mich auf dem Stehtisch vor dem Kneipeneingang herum, die Schaumkrone des Dunkelbiers ist in sich zusammen gesackt,  der kräftige und würzige Geschmack des Gerstensaftes durchdringt meinen Körper und bereinigt das Durstgefühl an diesem warmen Sommertag. Und so nebenher begutachte ich die trägen Bahnen, in denen der Rhein vorbei fließt.

Gebraut wird nicht hier in Remagen, sondern ein ganzes Stück entfernt, nämlich in Lahnstein bei Koblenz. Dort hat sich ein Brauereikomplex angesiedelt, der in Kuppelproduktion das Bier für mehrere Hausbrauereien im Westerwald und im Rheinland braut. Es versteht sich von selbst, dass nach dem Reinheitsgebot von 1516 ausschließlich die Rohstoffe Gerste, Hopfen, Wasser verwendet werden, wobei dieser Grundsatz 1993 durch das vorläufige Biergesetz leicht abgewandelt wurde. Den Brauvorgang mit den verwendeten Rezepturen bestimmt dann jede Hausbrauerei selbst.

Ich bewege mich weg vom Rhein an die Sieg. In Siegburg befindet sich eine der sieben Hausbrauereien im Rhein-Sieg-Kreis, das ist das Brauhaus „Zum roten Löwen“. Franken besitzt übrigens das dichteste Netz von Hausbrauereien, deren Anzahl ungefähr 300 beträgt. Da kann das Rheinland zwar nicht mithalten, insgesamt ist es aber nicht schlecht aufgestellt. Die Anzahl der Hausbrauereien in Köln, das sind rund zwanzig, überrascht mich ein wenig, weil ich eine größere Anzahl vermutet hatte. Das liegt daran, dass die traditionellen Brauhäuser in der Kölner Altstadt wie Früh, Malzmühle oder Sion für größere Märkte Bier herstellen. Die Kölner Hausbrauereien sind indes einige Größenordnungen kleiner, wie etwa die Brauerei Päffgen im Friesenviertel. Andere bekannte Hausbrauereien wie Lommerzheim oder „Em Golde Kappes“ liegen in den Stadtteilen Deutz und Nippes. Auf der Domäne der Altbierherstellung gibt es dann in Düsseldorf eine ähnliche Anzahl von Hausbrauereien.

Eingenistet in einer Seitenstraße der Fußgängerzone, kann man sich im Siegburger Brauhaus über den Gang der Jahreszeiten hinweg trinken. Über den Winter hilft ein Schwarzbier, ab März läutet ein leichtes, spritziges Frühlingsbier den Frühling ein. Der Mai glänzt mit einem Starkbier, dem Maibock; in die Sommerzeit fällt die Saison des Weizenbiers, und es ist dem Doldenhopfen aus dem Siebengebirge zu verdanken, dass das Weihnachtsbier dunkel gereift ist und besonders würzig schmeckt.



Brauhaus Siegburg
Natürlich kann ich auch Biere für alle Jahreszeiten verkosten, davon trinke ich eines mit dem schlichten Namen „Siegburger“. Im Gegensatz zum Remagener Brauhaus, ist die Hausbrauerei in Siegburg nicht ausgelagert worden. So wirkt das Innere des Brauhauses urig, wenn ich auf die Braukessel schaue. Die bronzenen Kessel blinken im Schein der Innenbeleuchtung, Zeiger und Geräte überwachen den Brauvorgang. Die kniehohen Ziegelsteinummauerungen fügen sich harmonisch in die Gaststätte ein.

Hefetrüb, schmeckt das „Siegburger“ süffig, nicht zu herb. In einem langen Schluck läuft es meinen Gaumen herunter. Das andere Hausbier, das sich „Michel“ nennt, ist obergärig gebraut. Dort wird es knifflig, weil dieses nach dem Brauverfahren der Kölsch-Biere gebraut worden ist. 1985 hatten sich die Kölner Brauereien zusammengetan, dass sich nur diejenigen Biere „Kölsch“ nennen dürfen, die im Kölner Stadtgebiet gebraut worden sind. Das besagt die Kölsch-Konvention aus dem Jahr 1985, wonach Kölsch als Marke zu betrachten ist aus einem geografisch geschützten Herkunftsgebiet. Michel ist also dasselbe wie Kölsch, es darf sich aber nicht Kölsch nennen.

Es geht weiter, von der Sieg an die Agger, zum letzten Brauhaus nach Troisdorf. Vor vier Jahren musste das Stadt-Bierhaus einer Super-Baustelle weichen. Stadthalle samt Brauhaus wurden abgerissen, nun macht sich dort ein Einkaufszentrum breit. Das Brauhaus wanderte auf die Ecke des benachbarten Fischerplatzes, die Gaststube verkleinerte sich. Tische, Stühle und Stehtische wenden sich nun zu dem Platz hin, den Künstler in den 1980er Jahren maßgeblich mit ihren Skulpturen und Installationen geprägt haben.

Mit dem Umzug auf den Fischerplatz wurde die Bierherstellung ausgelagert, und zwar nach Münster und nach Siegen. Die Räumlichkeiten reichen nunmehr nicht mehr aus, um die Sudpfannen unterzubringen. Selbst die aus Münster und Siegen angelieferten Fässer stapeln sich im Keller bis unter die Decke.

Brauhaus Troisdorf
In Troisdorf ist die Brautradition den hiesigen Biersorten indes treu geblieben, was sich dann in der gemeinsamen Vorsilbe „Tro“ äußert. Diese umfassen die Biersorten Troilsch, Tro-Pi und Troisdorfer. Ich trinke ein Troisdorfer Pilsener, dessen Flüssigkeit hell und klar in dem Bierkrug schillert, so wie bei den im Sauerland oder in der Eifel gebrauten Biersorten. In der Tat: vom Geschmack her ist das Bitburger nicht weit entfernt. Das liegt an den Bitterstoffen, das erklärt mir der Brauereibesitzer Manfred Hausmann. Dem Bier werden Hopfenextrakte mit Bitterstoffen hinzugefügt, was beispielsweise für die Eifeler Biersorten wie Bitburger typisch ist. Wie dem auch sei, mir schmecken die herben Biersorten besonders – außer Bitburger trinke ich zum Beispiel gerne Jever oder Flensburger.

Also auch Troisdorfer. Ich umfasse den Henkel des Bierkruges. Die Zeit vergeht im Handumdrehen. Das Bier läuft meine Kehle hinunter, macht meinen Kopf frei und spült alles unnütze Beiwerk des Alltags hinunter. Brautraditionen können inspirieren. So wie im Mittelalter, als Bier zu den Grundnahrungsmitteln zählte.

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Kalvarienberge in Ahrweiler und in Kölner Museen

Holzschnitzerei im Museum Schnütgen, Köln
Die Geschichte handelt von Tod und Trauer. Auf einem Berg, in der Bibel genannt Golgatha, übersetzt mit Schädelstätte, hängt Jesus am Kreuz, nackt, gedemütigt, Nägel zwischen den Gliedmaßen, die Brust mit einem Lanzenstich aufgerissen. Höllenqualen erduldend, übertrifft die Szene so manches, was unsere heutige Film- und Fernsehlandschaft an Action-Szenen und Massakern zu bieten hat. Eine Menschenmenge hat sich versammelt und verfolgt das Schicksal der drei Gekreuzigten, das seinen Gang genommen hat, unumkehrbar. Sie werden ihren Todeskampf verlieren. Krieger aus dem Heer des Statthalters Pontius Pilatus halten die Menge in Schach. Auch die guten Krieger, die die Geschichte nicht wahrhaben wollen, stellen sich auf die Seite der bösen Krieger. Frauen weinen, manche brechen in sich zusammen, darunter hat Veronika Trost zu spenden versucht, indem sie Jesus das Schweißtuch gereicht hat. Das Grauen findet einen Höhepunkt, als die letzten Worte „Mein Gott – warum hast Du mich verlassen“ Jesus in den Tod hinein befördern.

Der Ort der Kreuzigung namens Golgatha, ein Felsen, einige Kilometer nördlich der Jerusalemer Altstadt gelegen, nahm dieselben Wege der Übersetzung wie die Bibel selbst. Aus dem Aramäischen, dem Sprachgebiet im heutigen Iran und Irak, wanderte das Wortgebilde ins Hebräische. Im Griechischen blieb derselbe Wortstamm erhalten, später formte das Lateinische den Ort der Schädelstätte zu „calvarius locus“ um.

Dieser „calvarius locus“ prägte sich ein, er bestimmte lateinische Bibelübersetzungen des Mittelalters. Die Menschen trugen die Bürde des Lebens mit Demut, Feinde bedrohten seine Existenz, den Launen der Natur waren die Menschen hilflos ausgeliefert. Sie suchten nach Orientierung in dieser Christusgestalt, nach festen Abfolgen und Riten, ein Netz, in das Kirche und Herrscher das Volk einbanden. Zu diesen festen Riten gehörte auch die Leidensgeschichte von Tod und Trauer.

Der „calvarius locus“– oder auch Kalvarienberg genannt – hat im Rheinland Eingang gefunden in vielschichtige Formen des Kunsthandwerks im Mittelalter. So findet sich die Leidensgeschichte von Tod und Trauer im Kölner Museum Schnütgen, das im Jahr 2013 die spektakuläre Neuerwerbung eines Kalvarienberges feierte. Es handelte sich um eine Holzschnitzerei aus den Niederlanden, die auf eine Zeit um 1430/1440 datiert werden konnte. Dabei wirken in der Menschenmenge die geschnitzten Gesichtszüge der einzelnen Personen so plastisch, dass jedes Gesicht seine eigene Geschichte erzählt, welche durch dramatische Gesten noch verstärkt wird.

Ein weiterer Ort des Geschehens, wo sich die Gestalt eines Kalvarienberges erhebt, ist Ahrweiler. Glaubt man der Legende, so kehrte ein Kreuzritter um 1440 aus Jerusalem an die Ahr zurück. Ahrweiler war zu dieser Zeit eine wohlhabende Stadt voller Mauern und Türme, in dessen Mittelpunkt die St. Laurentius-Kirche stand. Mit den Türmen und Mauern verglich der Kreuzritter Ahrweiler augenblicklich mit Jerusalem. Dabei fiel ihm auch der Hügel auf, der etwa in der derselben Entfernung von den Stadtmauern lag wie die Schädelstätte Golgatha von der Jerusalemer Altstadt. Kurzerhand funktionierte der Kreuzritter den Hügel um, der bis dahin als Gerichtsort mit einem Galgen diente.




Ahrweiler, Kreuzwegstationen des Klosters Kalvarienberg
In diesen vergänglichen Zeiten des Mittelalters suchten die Menschen ihren Glauben zu zeigen, indem sie Körper und Seele einem Reinigungsprozess unterzogen: sie pilgerten. Das waren nicht nur die großen Pilgerstätten des Mittelalters – Jerusalem, Rom oder Santiago de Compostella – sondern auch Pilgerorte und Pilgerkapellen von lokaler Bedeutung.

Der Kreuzritter ließ eine Kapelle als Pilgerstätte für die Leidensgeschichte bauen, das war der Kalvarienberg. 1650 entstand dort ein Franziskanerkloster, in dessen Schriften das Gründungsjahr der Kapelle 1505 festgehalten ist. Um die Pfarrkirche St. Laurentius mit dem Kalvarienberg zu verbinden, wurde ein Kreuzweg mit den dazugehörigen Stationen der Leidensgeschichte gebaut. Diese Anordnung ist durchaus typisch für Kalvarienberge, die sich ab dieser Zeitepoche über ganz Europa verstreut haben. Angelehnt an die biblische Zahlenwelt, besteht dieser Kreuzweg in Ahrweiler aus vierzehn Kreuzwegstationen, wobei es anderenorts auch Kreuzwege mit sieben Stationen gibt. Eine Besonderheit, nicht nur im Rheinland, hebt den Ahrweilerer Kreuzweg heraus: die erste Station, noch original erhalten, stammt aus dem Jahr 1546. Um sie zu bewahren, wurde sie von der Mauer des Stadttors entfernt und ist seit 1991 im Ahrweilerer Stadtmuseum zu sehen. Die übrigen Kreuzwegstationen datieren aus dem 18. Jahrhundert.

Nachdem 1505 die Holzkapelle gebaut wurde, die um 1671 durch eine größere Kirche abgelöst wurde, wird der Kalvarienberg regelrecht von Pilgern überflutet. Zum Jahr 1629 findet sich in den Chroniken des Franziskanerklosters: „Der als eine heilige Stelle berufene Berg wird das ganze Jahr hindurch von Gläubigen besucht, vorzugsweise an Freitagen, von wegen der Wochenmesse. Von den Festen an bis zum Ausgang des Sommers kommen die Wallfahrten und Prozessionen häufiger, diese manchmal mit neun oder zehn Kreuzen.« Zum Ende des 30-jährigen Krieges war der Andrang von Pilgern so stark, dass das Hören der Beichte von 5 Uhr morgens bis 11.30 Uhr dauerte. Sowohl in als auch außerhalb der Kirche wurde ununterbrochen die Kommunion gereicht. 1652 berichtet die Chronik, dass am 17. Mai Prozessionen aus Blasweiler, Heckenbach, Gelsdorf, Löhndorf, Flerzheim, Fritzdorf, Beul und Karweiler gleichzeitig auf dem Kalvarienberg ankamen, so dass in Ahrweiler das Brot ausging. Der Sog der Pilgerströme verstärkte sich unter anderem deswegen, weil es sich zufälligerweise ergab, dass Kranke nach der Pilgerreise wieder geheilt wurden.

Gemälde des Meisters der Heiligen Veronika, um 1400
Köln, Wallraf-Richarz-Museum
Die Pilgerströme rissen erst ab, als napoleonische Truppen in das Rheinland eindrangen. 1802 mussten die Franziskaner das Kloster und die Kirche aufgeben, 1806 wurde der Kalvarienberg verkauft, 1897 wurde mit Ausnahme der Wallfahrtskirche alles abgerissen; es entstand ein Neubau in neugotischem Stil, so wie er noch heute zu sehen ist.

Weitere Zeugnisse, dass das Kunsthandwerk den Kalvarienberg als Motiv für die Malerei entdeckt hat, finden sich im Kölner Wallraf-Richarz-Museum. Um 1400 gruppierten sich um Stefan Lochner, der nach Flandern gereist war, um die dortige Malerei zu studieren, kleine Atelierwerkstätten in der Nähe der heutigen Kölner Schildergasse. Die Maler malten in Auftragsarbeit Bilder für die wachsende Anzahl von Kirchen im Kölner Stadtgebiet, das waren vor allem Altarbilder, Tryptichen oder mehrteilige, aufklappbare Gemälde für Altaraufsätze.

Auch diese Gemälde beschreiben die Geschichte von Tod und Trauer. So der Kalvarienberg des Meisters der Heiligen Veronika, der von 1395 bis 1415 in Köln tätig war. Auch hier hat sich eine Menschenmenge versammelt. Soldaten schauen zu, wie die Gekreuzigten ihre Höllenqualen erleiden müssen. Alle Versuche zu helfen, sind zum Scheitern verurteilt. Niemand kann den Tod aufhalten.